Was passiert, wenn ein Student der Politikwissenschaften über Nacht zum Blogger über Medientrends wird? Und das in einem Land mit fremder Sprache? Ein Erfahrungsbericht.
Astronaut? Profi-Fußballer? Rockstar? Ich wollte immer Journalist werden. Aber irgendwann wurde mir klar: Die Medienlandschaft verändert sich dramatisch. Mein Traumberuf ist keiner mehr. Ich entschloss mich, europäische Politik zu studieren. Doch der Journalismus blieb meine heimliche Leidenschaft.
Im Sommer 2013 bot sich eine Chance: Die Trendblogger suchten Verstärkung. Mein Auslandssemester in Portugal stand vor der Tür, und so bewarb ich mich. Über Skype nahm ich an der Auftakt-Veranstaltung in Potsdam teil. Es flogen Wörter wie Teaser, Open Journalism und Crowdsourcing durch den Raum. Ich war verwirrt. Aber gleichzeitig auch neugierig und gespannt auf diese neue Welt.
Was interessiert die Leser?
Meinen ersten Artikel schrieb ich über eine portugiesische Wetter-App. Da ich zu dieser Zeit auf Portugiesisch gerade mal ein Bier bestellen konnte, war ich froh, die Informationen dazu auf englischsprachigen Websites zu finden. Eine alte Weisheit bewahrheitete sich: Zum Wetter hat jeder eine Meinung. Ich freute mich über zahlreiche Reaktionen auf meinen Artikel.
Zur selben Zeit waren die Enthüllungen von Edward Snowden über die NSA in aller Munde. Ich wollte wissen: Was denken die Portugiesen eigentlich über die flächendeckende Überwachung? Der Artikel wurde viel gelesen, vielleicht auch wegen der provokanten Überschrift Im Bett mit Google und Co. – “Sex sells” stimmt eben immer noch! Auch mein Artikel über gleichgeschlechtlichen Ehe und Homophobie in Portugal sorgte für Diskussionen.
Dann lernte ich, was alle Journalisten lernen müssen: Auch weniger populäre Themen interessant aufzuarbeiten. Ich schrieb über Crowdfunding, Listicles, Datenjournalismus, Startups, Visualisierung und Lokalblogs. Zuletzt erzeugte mein Artikel über den Einsatz von Drohnen im Journalismus eine hitzige Debatte.
Die Trendblogger 2013/2014
Wie in allen Medien gibt es auch bei den Trendbloggern Redaktionskonferenzen. Dabei sind wir über ein Programm – ähnlich wie Skype – miteinander verbunden. Kleine Schwierigkeit: Wir leben in verschiedenen Zeitzonen. Während der kalifornischer Blogger sich an seinem Morgenkaffee festhält, kommt unser australischer Kollege gerade aus der Disco.
Die Referenten
Gemeinsam mit einem Referenten diskutierten wir unsere Artikel und entwickelten neue Ideen. Daniel Bröckerhoff vom Medien-Magazin ZAPP führte uns durch das Thema Open Journalism. Mit IT-Experte Niels Fallenbeck widmeten wir uns dem Bereich Privacy. Feministisch/Queer wurde es mit Nadia Shehadeh von der Mädchenmannschaft. Weitere Frauen-Power kam von der freien Journalistin Ulrike Langer, die uns zusammen mit Julian Heck von Lokalblogger.de beim Thema Hyperlocal Journalism begleitete. Zum Jahresstart 2014 wagten wir mit Hilfe von Politikwissenschaftler und Freelancer Jens Best einen Ausblick auf kommende Medientrends.
Durch die großartige Unterstützung der Referenten entstanden spannende und abwechslungsreiche Artikel. Hier meine persönlichen Highlights:
- Eine Debatte über die Zukunft des Journalismus
- Ein Erfahrungsbericht über Dating-Portale in Schweden
- Ein Interview mit einer LGBT-Aktivistin in Russland
- Ein Live-Blog über den Schweizer Journalismus-Tag 2013
- Eine Übersicht zur Prostitutions-Debatte in Frankreich
- Ein Artikel über das Geschäft mit der Sicherheit in den USA
- Die Frage, ob Lokalblogs zum Hobby verdammt sind
- Ein Werbesport einer argentinischen Biermarke, der vielleicht sexistisch ist
- Wie Island unter dem Tourismus leidet
- Eigentlich alle Artikel des Dossiers Medien-und Technologietrends 2014
Mit den Trendbloggern den Journalismus der Zukunft kennenlernen
Was ich sonst gelernt habe? Das Potenzial von Themen zu erkennen. Mich kürzer zu fassen. Kritik anzunehmen. Bei Fotos nicht in rechtliche Fallen zu tappen. Twitter zu nutzen und zu schätzen. Und natürlich, was Teaser, Open Journalism und Crowdsourcing sind.
Eines ist mir klar geworden: Wenn der Journalismus in der Krise steckt, müssen wir ihn verändern! Mit neuen Ideen, Technologien und Engagement können wir die Medienlandschaft der Zukunft mitgestalten. Die Trendblogger leisten dazu schon jetzt einen kleinen, aber wichtigen Beitrag.
Was denkst du?
Was hat dir an den Trendbloggern gefallen, was gefehlt? Was waren deine Highlights 2013?
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Ich finde es spannend und schön zu lesen, wie du die bisherigen Monate beim Projekt erlebt hast, was deine Struggles sind und was dich motiviert, weiterzumachen. Freut mich auch, dass dir mein Erfahrungsbericht gefallen hat.
Freut mich, dass dir mein Artikel gefallen hat, Heng! Mir haben mehrere Artikel von dir sehr gut gefallen! Du hast einen lockeren und selbstironischen Stil.