Das mobile Netz erleichtert auch die interkulturelle Kommunikation: Wörterbuch-Apps gehören zum Standard-Repertoire eines Austauschstudenten. Doch was machen eigentlich Gehörlose? Spreadthesign.com hat die Lösung – und ein zunächst seltsam anmutendes Ziel.
Jeder kennt sie, jeder hasst sie: Die Situation, sich fremden Menschen verständlich machen zu wollen, aber an den fehlenden Wörtern zu scheitern. Als Austauschstudenten stellen wir fest, dass die wichtigste Ebene, auf der andere Kulturen kennengelernt werden, immer noch die Sprache ist. Diese Ebene auch mit Gehörlosen zu teilen, ermöglicht die schwedische App Spreadthesign.
Mehr als pures mobiles Wissen
Immer häufiger wird unterwegs zum Smartphone gegriffen und Wikipedia nach mobilem Wissen durchforstet. Die Übertragung von Buchseiten ins Netz, zuerst auf dem massigen Heimrechner und nun auch auf das handliche Kleingerät, erleichtert den Wissenszugang. Doch die Multimedialität ermöglicht nicht nur das Lesen unterwegs.
Die Spreadthesign-App ist als Ableger der gleichnamigen Website der Zugang zu einem „Wörterbuch“ der Gebärdensprache. Der Benutzer wählt aus mittlerweile elf Sprachen (neben den in Europa meistgesprochenen Sprachen sind auch „Exoten“ wie Japanisch oder Litauisch dabei), gibt sein Schlagwort ein und auf dem Bildschirm läuft dann ein Video mit der dazugehörigen Gebärde ab. Unterstützt wird das Projekt vom European Sign Language Center.
Geringe Innovation, aber enormer Mehrwert
Natürlich ist das keine Innovation im Sinne einer Neuerfindung oder Erweiterung des Gerätes, keine Augmented Reality und keine sozialen Vernetzungsmöglichkeiten mit seinen Freunden bieten sich dem Anwender. Die App führt lediglich bereits bestehende Funktionen eines Smartphones (Durchsuchen einer Datenbank + Abspielen eines Videos) zusammen.
Aber der praktische Mehrwert ist enorm! Während der handliche Umfang eines Smartphones in der Tasche den eines Gesprochene-Sprache-Wörterbuches schon bei weitem aussticht, hat die Übersetzung von Wort und Video in Gebärde das Potential die (zwischen-)menschliche Kommunikation zu erlauben, wo sie vorher unmöglich war.
Natürlich geht beim mehrfachen „Nachschlagen“ einer Vokabel die Konversation eher schleppend voran. Doch die Möglichkeit, sich überhaupt mit Gehörgeschädigten und Gehörlosen auszutauschen, wächst mit jeder Anwendung. Freilich sollte niemand durch die App abgeschreckt werden, sich überhaupt näher mit Gebärdensprache zu beschäftigen. Ganz im Gegenteil: Vielleicht fühlt sich der eine oder andere ja motiviert, sich gar zu einem Kurs anzumelden.
Und es klingt zunächst paradox, aber dann hätte die App ihr Ziel erreicht: Dass man sie überhaupt nicht mehr braucht!
Hi Niklas,
ein spannender Artikel! Da die Gebärdensprache ja in jedem Land unterschiedlich ist, habe ich mich gefragt, ob sich die Videos mit der Gebärdensprache auf Schweden beziehen oder ob es die Videos auch in anderen Sprachvarianten gibt, sprich der deutschen Gebärdensprache, etc. …
Das ist eine sehr berechtigte Frage: Und die Videos sind tatsächlich aus der jeweiligen Sprachperspektive unterschiedlich! Die Beispielgalerie zeigt die Videos aus dem Schwedischen…
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