Die massenhafte Internetüberwachung ist nicht greifbar. Vielleicht formiert sich auch deshalb so wenig politischer Protest dagegen. Die Initiative „Reset the Net“ möchte das ändern: Internet-Aktivist_innen wollen die User im Netz vor Geheimdiensten schützen. Über den Aufruf zur kollektiven Verschleierung im Internet.
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Im Bett mit Google und Co.
Der NSA-Skandal um Edward Snowden hat uns bewusst gemacht, wie sehr wir im Alltag überwacht werden. In Deutschland entfaltete sich daraufhin eine Debatte, die zwischen Hysterie und Gleichgültigkeit oszillierte. Doch wie sehen andere Länder die Totalüberwachung? In Portugal zeigt sich ein ambivalentes Verhältnis zur Privatsphäre.
„Zur Kenntnis genommen – und abgehakt“. So beschreibt mein Mitbewohner die Debatte zum NSA-Skandal in Portugal. Eine Woche lang hätte das Land über die Enthüllungen von Edward Snowden diskutiert, dann sei das Thema wieder in Vergessenheit geraten. Einerseits verständlich – die Portugiesen haben noch immer mit den Folgen der Wirtschaftskrise zu kämpfen; der eigene Arbeitsplatz erscheint kurzfristig wichtiger als das Abschöpfen von Metadaten durch den US-Geheimdienst NSA oder das britische Pendant GCHQ.
Andererseits auch überraschend – die Portugiesen haben ansonsten ein relativ intimes Verhältnis zur Privatsphäre. Zumindest ist das mein Eindruck nach zwei Monaten in diesem Land. Treffen mit Freunden finden grundsätzlich in Bars oder Cafés statt; gemütliches Trinken zu Hause – Fehlanzeige! In die eigene Wohnung lassen die Portugiesen kaum jemanden; Google, Facebook und WhatsApp aber haben sie im Bett. Auf Nachfrage äußern zwar fast alle Bedenken wegen der Überwachung; groß genug, um sich nach Alternativen umzusehen, sind diese jedoch nicht. Und die ältere Generation kann die Aufregung gleich gar nicht verstehen. #Neuland lässt grüßen! (mehr …)
Redaktionssitzung mit Markus Kompa am Montag, 29. Juli, 18 Uhr zum Thema Cybersecurity
Markus Kompa ist Rechtsanwalt und Blogger auf kompalaw.de, er schreibt gelegentlich auf Telepolis und kandidiert für die Piratenpartei in Nordrhein-Westfalen für die Bundestagwahl. Außerdem zaubert er sehr gern. Er wird am Montag, den 29. Juli 2013 um 18 Uhr in der Redaktionskonferenz über Cybersecurity und Datenschutz sprechen.
Wer an der Redaktionssitzung teilnimmt, kann dies um 18 Uhr mit einem Klick auf diesen Link tun: http://proj.adobeconnect.com/trendblogger – danach als Gast anmelden.
Die Trendblogger schrieben über das Thema Cybersecurity aus sehr unterschiedlichen Perspektiven:
Karin Kutter schrieb über Überwachung als Kunstobjekt.
Auf www.trackingtransience.net kann jeder beobacht, wo Elahi sich gerade aufhält – das GPS ist immer dabei. Dazu postet der Künstler über den Tag verteilt immer wieder Bilder von der Umgebung, in der er sich gerade aufhält, oder von seinem Essen, das er gleich zu sich nehmen wird, usw. Während die einen immer vorsichtiger werden, welche Daten sie im Internet preisgeben, hat sich Elahi für den gegensätzlichen Weg entschieden: Er postet einfach alles.
Niklas Wieczorek schreibt über das komplexe Verhältnis der Schweden zu Datenschutz und Transparenz:
In Schweden wird Datenschutz aufgrund der gesellschaftlichen Vorprägung ganz anders verstanden als beispielsweise in Deutschland. Schweden vertrauen darauf, dass mit ihren Informationen nichts Unlauteres geschieht. Es ist ein positives Menschenbild, was hier zum Ausdruck kommt.
Doch spätestens Edward Snowdens Aufdecken der omnipräsenten Überwachung durch Prism und andere Programme des Schreckens könnte in Schweden ein Umdenken auslösen. Es wird immer deutlicher: Vielleicht muss sich der schwedische Umgang mit Daten ändern, wenn man sie nicht der gesamten Welt preisgeben will.
Jessica Neumayer schreibt über die unterschiedlichen Datenschutzvorbehalte in Spanien und Deutschland „Ich hab ja nichts zu verbergen“:
Warum haben wir also ein Problem damit alles von uns zu offenbaren? Ist es vielleicht nur eine anerzogene Intimitätsfrage? Vielleicht ist es aber auch ein natürlicher Instinkt, etwas für sich behalten zu wollen, etwas geheimnisvoll zu bleiben, nicht alles von sich preiszugeben. Deswegen habe man noch lange nichts Gesetzeswidriges oder Schlimmes zu verbergen. Es entspricht der natürlichen Wohlfühlzone – es sind meine E-Mails, es sind meine Computerdaten und es sind meine Artikel, die ich online kaufe.
Hier bin ich – wenn Überwachung überflüssig wird
Wenn Elahi hören würde, dass in Deutschland für den 27. Juli bundesweit Demonstrationen gegen die Internet-Überwachung unter dem Titel „Stop watching us“ geplant sind, würde er wahrscheinlich laut loslachen. Sein Lebensmotto könnte nicht konträrer sein: Man kann es etwa auf den Punkt bringen mit „Start watching me“. Elahi ist Künstler. Um genauer zu sein: Er ist Medienkünstler mit dem Schwerpunkt Technologie und Medien und ihre sozialen Auswirkungen. Seine Lieblingsthemen: Überwachung, Sousveillance und Grenzen. Sousveillance (frz. „Unterwachung“) soll bedeuten, dass der normale Überwachungsweg umgekehrt wird: In diesem Fall beobachten die sonst Überwachten (z. B. Bürger eines Staates) die normalerweise Überwachenden (z. B. den Staat). Als Künstler hat er sich – wie fast nicht anders zu erwarten wäre – ein sehr radikales Projekt ausgedacht: Er überwacht sich quasi selbst und macht dies öffentlich. (mehr …)