Der Bürgermeister von Lissabon setzt im Wahlkampf auf Crowdfunding. Was in der US-amerikanischen Politik schon längst Gang und Gäbe ist, gilt in Europa als Innovation. Doch was bedeutet das Sammeln vieler kleiner Spenden von den Wählern für die Demokratie? Und ist Crowdfunding im Wahlkampf auch in Deutschland vorstellbar?
Obama hat es 2008 vorgemacht und 2012 wiederholt – mit kleinen Spenden vieler Menschen sammelte er Millionen von Dollars und gewann zweimal die Wahl zum US-Präsidenten. Die Rechtslage bezüglich Parteispenden ist in den USA allerdings deutlich liberaler als in den meisten europäischen Ländern. Dort darf seit einem Urteil des Obersten Verfassungsgerichts im Jahre 2010 de facto jeder – auch Unternehmen – so viel spenden, wie er will. Doch auch in Europa könnte politisches Crowdfunding eine große Zukunft haben.
Ein Trendsetter für Europa?
António Costa, der Lissabon seit 2007 regiert, ist laut einem Bericht des Internetportals Crowdsourcing.org der erste Politiker Europas, der von dieser Art des Spendensammelns Gebrauch macht. Und aller Anfang ist schwer. Der Politiker der Sozialistischen Partei (PS) ruft auf der Website PPL zur Spende von insgesamt 3500 Euro auf. Mit dem Geld will er ein Video finanzieren, das Jugendlichen die Wichtigkeit des Wählens näherbringt.
Ein bescheidenes Ziel, aber ein Anfang. Zwischen zwei und 350 Euro spenden die Menschen innerhalb weniger Wochen, im Durchschnitt gibt ein Unterstützer 42 Euro. Bereits gut zwei Monate vor der Wahl am 29. September ist das Geld für das Video zusammen. Dabei wurden hohe rechtliche Hindernisse überwunden: Nur Privatpersonen, die durch ihre Überweisung klar identifiziert werden konnten, durften Spenden. Unternehmen waren in Portugal von der Kampagne ausgeschlossen.
Es ist davon auszugehen, dass Costas primäres Ziel nicht die Finanzierung des Videos war – 3500 Euro sind auch im portugiesischen Wahlkampf keine Summe. Vielmehr schien es ihm darum zu gehen, junge Wähler direkt anzusprechen und ihnen die Möglichkeit politischer Teilhabe zu bieten. Das bringt dem 52-jährigen den Ruf eines Bürgermeisters ein, der auf die Jugend hört – die Wählergruppe, die am meisten unter der aktuellen Wirtschaftskrise leidet und dementsprechend frustriert von der Politik ist.
Crowdfunding für Angela Merkel?
Ob Crowdfunding auch eine Option für den deutschen Wahlkampf wäre, ist schwer zu sagen. Grundsätzlich sind schon jetzt Parteienspenden jeglicher Höhe zugelassen. Bis 500 Euro dürfen diese anonym erfolgen, ab 50.000 Euro müssen die Parteien die Spende unverzüglich dem Bundestagspräsidenten melden und online veröffentlichen. Ob die Spenden den Umweg über Crowdfunding-Plattformen wie Kickstarter.com nehmen dürften, muss erst noch rechtlich geklärt werden.
Interessant wäre diese Art des Spendensammelns für die Demokratie aber auf jeden Fall. Politiker aller Parteien könnten um zweckgebundene Gelder bitten – für Wahlkampfsongs, Videos und sonstige kreative Aktionen. Das könnte Unterstützer enger an die politischen Kampagnen binden und unter Umständen Politikverdrossenheit abbauen. Wie viel die Kleinspenden letztendlich zu einem möglichen Wahlerfolg beitragen, kann noch niemand sagen. António Costa dürfte es egal sein – er wurde am Sonntagabend mit mehr als 50% der abgegeben Stimmen als Bürgermeister Lissabons im Amt bestätigt.
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Fotos: juntosfazemoslisboa.pt; logo PPL.com.pt
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