Linköping,
Trendblogger-Jahrgang 2013/2014 Modeblogs mit Instagramfotos von Vintage-Läden und Zimtschnecken, gepaart mit einem Hauch Feminismus: Mit diesem Eindruck von Schweden begebe ich mich für ein Semester nach Linköping. Nicht nur Land und Leute, sondern auch User und Medien werde ich dort beobachten und für euch beschreiben. Ob die Leute da wirklich so schön sind, wie das Internet wirken lässt, ob wirklich alles sofort mit dem Smartphone fotografiert wird, ob Schweden wirklich das europäische Musterland schlechthin ist? Mythen hin oder her, ich werde es austesten.


Dein Lokalblog ist nur so spannend wie deine Umgebung

Berlin, Göteborg oder Linköping: Wie spannend Lokalblogs deiner Stadt sind, liegt vor allem an deiner Umgebung selbst. Denn wo nichts passiert, gibt es auch nichts zu berichten.

So simpel das Layout auch ist, der Blog wirkt trotzdem ansprechend.

So simpel das Layout auch ist, der Blog wirkt trotzdem ansprechender als die überladenen Linköping-Blogs.

Wir kennen sie alle, diese Blogs mit schäbigem Layout, verpixeltem Header und bestenfalls Comic Sans als Schriftstil. Eingefügte Fotos sind farblich so ansprechend wie Club-Toiletten samstagnachts um halb vier, die Überschriften können selbst Drittklässler_innen in Schulaufsätzen spannender gestalten. In diese Richtung gehen viele hyperlokale Blogs, auf die ich bei meiner Recherche gestoßen bin. Natürlich gab es auch einige, die wenigstens optisch glänzen konnten, aber sonderlich spannend sind die Inhalte trotzdem nicht.

Mal ganz abgesehen davon, dass ich mich durch diese Blogs nicht vernünftig über meine Umgebung informiert fühle, mangelt es diesen Blog an Profil: Anstatt sich konsequent auf ihre Existenz als Lokalblog zu fokussieren, driften die Inhalte in private Ereignisse oder Stories über andere Länder ab. Vielleicht gerade deshalb, weil dir Autor_innen gemerkt haben, dass das Lokalbloggen langweilig ist. Vielleicht auch einfach, weil in Linköping nichts geht. Tolle Blogs aus der Stadt konzentrieren sich auf Themen wie Mode, das Studierendenleben oder Forschung – aber eben unabhängig von der Stadt.

Cool hingegen ist der auf Göteborg bezogene Blog Göteborg Nonstop. Konzertberichte, Fotogallerien, Stadt-Guides, Kulturhighlights und Interviews mit kreativen Einwohner_innen finden hier nicht nur ihren Platz, sondern verstärken meinen Eindruck, dass Göteborg eine wunderbare und vielfältige Stadt ist, in der es sich zu leben lohnt. Geht viel in der Stadt, ist es auch leichter, einen Lokalblog über sie zu fühlen. Ist nicht viel los, muss sich eben viel aus den Fingern gesogen werden. Oder es braucht ein richtig kreatives Autor_innenkollektiv, das versteht, wie Scheiße zu Gold verwandelt werden kann. (Eben nicht dadurch, dass als „coole Eigenschaft“ der Stadt ein Käseladen vorgestellt wird.)

Natürlich ist Göteborg viel größer als Linköping und hat – besonders, wenn es um Indie-Aktivitäten geht – mehr zu bieten als eine Stadt, die vor allem für ihre Universität bekannt ist. Wer an typischen Studierendenbars, Mainstreamclubs oder am Flugzeugmuseum eher nicht so interessiert ist, muss sich selbst schöne Nischen suchen. Solche Nischen gibt es tatsächlich. Sie haben allerdings quasi keine Internetpräsenz.

Genau deshalb wäre ein vernünftig geführter Lokalblog über Linköping nötig. Ein Blog, auf dem Ereignisse abseits der viel beworbenen Veranstaltungen geteilt werden. Auf diesem Blog würde dann trotzdem nur zwei, drei Mal im Monat ein kurzer Artikel erscheinen. Und den müsste zudem auch noch jemand führen – ein Dilemma, fühlt sich doch niemand verantwortlich. Und so bleibt die Lokalblogosphäre in Linköping langweilig. Und wie groß wäre überhaupt die Nachfrage?

In Göteborg ist sie sehr hoch. In Berlin auch. Göteborg Nonstop erinnert mich an I Heart Berlinwo größere und kleine Events, Videos, Fotoaktionen oder Ausstellungen kombiniert werden. Der Blog informiert, unterhält und inspiriert. Genau wie die Stadt selbst.

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8 KOMMENTARE , GEBE EINEN KOMMENTAR AB

  1. Hallo liebe Autorin,

    Ihre Überschrift ist provokativ, ebenso wie die Einleitung – und aus meiner Sicht einfach auch falsch. Ich bin der Meinung, dass – mal abgesehen vom 500-Seelen-Dorf – überall genug passiert, dass man in einem Lokalblog darüber berichten kann. Ob das für Auswärtige interessant ist, mag dahin gestellt sein. Für die Menschen in der Stadt im Ort ist es aber sicherlich von Interesse. Und wer seinen Blog ernsthaft betreut, wird auch jeden Tag etwas zu berichten haben – nicht nur in Göteborg, sondern auch in Dudweiler, Quierschied oder Blieskastel. Liebe Grüße, Thomas

    • Hallo Thomas, ich glaube, Julian hat meine These schon gut korrigiert: „Wo der Lokalblogger nichts aus der Stadt macht, ist das Lokalblog blöd.“

  2. Heng, die These ist natürlich sehr heftig. Coole Stadt, cooles Blog! Blöde Stadt, blödes Blog.
    Eine andere These könnte lauten: Wo der Lokalblogger nichts aus der Stadt macht, ist das Lokalblog blöd. Irgendwie geht überall irgendwas ab, oder? Aber ja, ich glaube, du hast auch recht: Eine lebendige Stadt gibt einfach mehr her als ein langweiliges Dorf…

    • Lieber Julian, Recht hast du. Es könnte viel mehr aus Lokalblogs gemacht werden, wenn die Bloggenden mehr daraus machen würden. Leider ist es oft einfach nicht der Fall, zumindest hier vor Ort. Das ist glaube ich der Faktor, der die Lokalblogszene für mich ein bisschen unattraktiv macht: Dass sie mancherorts nicht mit genug Herzblut betrieben wird.

  3. Es stimmt wohl beides. Aber was heißt das? Dass man in einem 500-Seelen-Ort anders arbeiten muss als in einem 100.000-Einwohner-Städtchen. Wir merken das hier in Korbach: 25.000 Einwohner – gerade noch so die Größe, dass sich Themen aufdrängen. Aber eben auch so klein, dass man schauen muss, was morgen vielleicht thematisch möglich ist. Die Überschrift ist provokant. Das Problem ist ja schließlich, dass man als Journalist keine Themen aufbauschen sollte, die es nicht wert sind. Wir werden noch viel lernen (müssen) zu diesem Thema Lokales Bloggen – oder wie auch immer man diese kleinen Projekte auch nennen will. Beste Grüße
    Dennis Schmidt

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