Helsinki,


Hacks/Hackers: Wo sich Journalisten und Programmierer treffen

Datenjournalismus ist kein Kinderspiel. Es erfordert mehr als nur Zahlen in Tortendiagramme zu verwandeln. Er wird daher nur von wenigen Journalisten praktiziert, die meist eigene Abteilungen in den Redaktionen haben. Wer mehr über den Kampf mit den Datenmassen lernen will, kann sich das Data Journalism Handbook zur Hilfe holen, das unsere Trendbloggerin Luise erst kürzlich vorgestellt hat: Vollgepackt auf 242 Seiten finden sich dort Anleitungen und Fallbeispielen. Doch was, wenn doch noch Fragen da sind?

Volles Haus beim Treffen in Helsinki | Foto von Hanna Nikkanen

Volles Haus beim Treffen von Hacks/Hackers in Helsinki | Foto von Hanna Nikkanen

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Montevideo,


Datenjournalismus dank Transparenzgesetze

Die Verwendung der Steuergelder 2011-2012. Der Katalog der offenen Daten in Uruguay bietet alle Daten und regt ihre Visualisierung an.

Die Verwendung der Steuergelder 2011-2012. Der Katalog der offenen Daten in Uruguay bietet alle Daten und regt ihre Visualisierung an. Foto: AGEV Uruguay

Datenjournalismus ist immer nur so gut, wie die ihm zu Grunde liegenden Datensätze. In Lateinamerika könnten die neuen Transparenz-Gesetze und die damit geschaffenen Open-Data-Datenbanken langfristig entscheidend zur Qualität der neuen Journalismusform beitragen. Kurzfristig zeugen die Anwendungen jedoch von mangelnder Kreativität.

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Lyon,


Data is the new oil – französische Medien und der Datenjournalismus

Mit We Do Data und Dataveyes gibt es gleich zwei französische Projekte, die den Zeitungsredaktionen beim Thema Datenjournalismus unter die Arme greifen.

«c’est juste être journaliste en France en 2012»

Zu Beginn des Jahres 2010 wurde dem Datenjournalismus oder „le journalisme de données“, wie man ihn in Frankreich nennt, um einen Anglizismus zu umgehen, noch bescheinigt, er etabliere sich nur sehr schleppend in Frankreich. Zwei Jahre später betont Karen Bastien, ehemalige Chef-Redakteurin der Tageszeitung „Libération“, in einem Interview, dass der Umgang mit Daten eine Selbstverständlichkeit für den französischen Journalismus geworden ist.

Die Zusammenstellung, Aufbereitung und Visualisierung von Daten raubt den Journalisten vor allem eines: Zeit. Zeit, die in ihrem alltäglichen Arbeitsleben ohnehin knapp ist. Karen Bastien stellt fest:

 Man muss eines beachten: der Datenjournalist, genau wie der Investigativjournalist, braucht sehr viel Zeit für seine Arbeit. Sie passt nicht in den alltäglichen Arbeitsablauf.

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Stockholm,


Fortschritt durch Daten?

Geteilter Fortschritt: Datenjournalismus

Geteilter Fortschritt: Datenjournalismus

Onlinepublikationen verdrängen Zeitungen: Und doch gibt es – ausgenommen Aktualität und Geschwindigkeit – selten Auseinandersetzungen über einen wirklichen Quantensprung durch das Medium Internet. Ändert sich das mit Datenjournalismus? Eine Untersuchung am Beispielland Schweden.

Gerade die skandinavischen Länder bieten eine interessante Grundlage, um sich dem Thema Datenjournalismus zu nähern: In Schweden werden Bürger an vielen Stellen aufgefordert, ihre Daten anzugeben – und tun dies meist (allzu) bereitwillig. Das liegt allerdings auch an der traditionellen staatlichen Offenheit mit Daten. Eine Homepage, auf der man beispielsweise die Steuerabgaben seines Nachbarn einsehen kann, wäre in Deutschland mehr als unvorstellbar.

Kein Wunder also, dass auch in Schweden in den vergangenen Jahren die Sparte des Datenjournalismus immer weiter wächst. Die Beispiele Jens Finnäs mit seinem Projekt Journalismus++ oder das Forschungsprojekt „Datajournalistik“ auf der Södertörns Högskola zeigen dies deutlich. Doch welchen Fortschritt macht der gesamte Journalismus mit der Informationen vermittelnden Darstellung von Daten eigentlich?

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Strasbourg,


Nichts als die Wahrheit – mit dem „véritomètre“ die Glaubwürdigkeit von Politikern messen

Glaubwürdigkeit ist Trupf: Politikercheck mit dem „véritomètre“ ...

Glaubwürdigkeit ist Trupf: Politikercheck mit dem „véritomètre“ …

Mit der Wahrheit nehmen es viele Politiker nicht immer allzu genau: Gerade in Wahlkampfzeiten werden Daten geschönt, imposante Zahlen hervor geholt, und es wird von angeblichen Fakten gesprochen. Glaubwürdigkeit ist Trumpf, dachten sich die Macher von „véritomètre“ und überprüften bei den letztjährigen Präsidentschaftswahlen in Frankreich die Aussagen der Kandidaten auf ihre Richtigkeit. Ein Projekt, das spannend für die diesjährige Bundestagswahl in Deutschland sein könnte. (mehr …)

London,


Von heiligen Fakten und neuen Punks

In Großbritannien verschreiben sich immer mehr Journalisten und Interessierte dem „data-journalism“

Die besten Fußballer der Welt – nur ein Beispiel für was auf dem datablog des Guardians alles zu finden ist. Quelle: http://www.guardian.co.uk/news/datablog/2013/jan/25/worlds-best-footballers-visualised-periodic-table

Während in Deutschland das Konzept des Datenjournalismus gerade erst entdeckt wird, weiß es in Großbritannien schon der renommierte Guardian: facts are sacred. Und Daten sind Fakten. Auf dem hauseigenen datablog der Zeitung wird der Kreativität in Sachen Datenaufbereitung und Themenwahl freier Lauf gelassen: die Namen der besten Fußballer der Welt kann man in Form einer Periodentafel studieren, für den Vergleich der aktuellen Rezession in Großbritannien mit vergangenen Wirtschaftsflauten auf der Insel wird ein traditionelles Koordinatensystem gewählt und wer wissen will wie die britische Regierung ihr Geld ausgibt bekommt durch eine aus bunten Kreisen bestehenden Graphik schnell einen Überblick.

Den Datenjournalismus auf lustige Bilder und kreative Darstellungen zu reduzieren, würde dem Trend jedoch fraglos Unrecht tun. Die DatenjournalistInnen beim Guardian und anderswo stellen Fragen – Fragen über politische, wirtschaftliche oder andere Zusammenhänge, die für sie und möglicherweise ihre LeserInnen relevant sind. Und sie versuchen Antworten zu darauf zu finden. Sie machen somit genau das, was auch ein wichtiger Teil der Arbeit traditioneller JournalistInnen ist. Und dennoch, so argumentieren zumindest die Daten-Pioniere, verändert der Datenjournalismus so einiges daran wie Medien sich verstehen und genutzt werden.

Ist Datenjournalismus so einfach, wie drei Akkorde zu lernen? SImon Rogers sat ja! Quelle: http://www.guardian.co.uk/news/datablog/2012/may/24/data-journalism-punk

Erstens setzen sich die DatenjournalistInnen nach eigenem Bekennen, viel intensiver und kritischer mit Daten auseinander. Simon Rogers, eine der prominentesten Stimmen aus dem Bereich des britischen Datenjournalismus, wirft traditionellen JournalistInnen vor, sie akzeptierten gewisse Daten zu schnell. Somit ist der Datenjournalismus zweitens eine wichtige und notwendige Reaktion auf die (technisch) einfache Erreichbarkeit einer Unmenge von Daten. Daten sickern nicht nur durch Organisationen wie Wikileaks ins Internet, sondern werden in großem Stil von offizieller Seite online veröffentlicht. Im Falle der britischen Regierung ist eine Unmenge von Daten auf http://data.gov.uk/  einzusehen, aber Rogers betont, dass selbst Länder wie Saudi Arabien oder Bahrain Daten öffentlich machen. Diese Daten wahrzunehmen, zu analysieren und verständlich wiederzugeben ist die nicht zu unterschätzende Aufgabe der DatenjournalistInnen. Drittens wird die strikte Trennung zwischen JournalistIn und Rezipient aufgehoben. Wie Rogers unermüdlich betont, kann jeder DatenjournalistIn sein. Nicht nur stehen die Daten jedem zu Verfügung, sondern auch die technischen Hürden seien gering: eine Reihe von Programmen ermöglichen es auch weniger technisch-affinen Menschen ihre Ergebnisse kraftvoll zu präsentieren (eine Übersicht gibt es beispielsweise hier: http://datajournalismhandbook.org/1.0/en/delivering_data_7.html). Für Rogers ist Datenjournalismus somit der neue Punk. Er argumentiert, dass ganz wie bei der Musik, die auch ohne teure Musikschulen und großes Vorwissen gespielt werden konnte, ist auch die Nachricht des Datenjournalismus: Anyone can do it.

Die selbsternannten Punker haben Recht: es ist wichtig die Chancen der neuen, einfach verfügbaren Datenmassen zu erkennen und diese verantwortungsvoll zu nutzen. Aber Daten können auch nicht alles. So weist Jonathan Grey on der Open Knowledge Foundation in einem kritischen Artikel darauf hin, dass die schönen und scheinbar vollkommen neutralen Datenaufbearbeitungen keineswegs ein direktes und unbeeinflusstes Bild der Wirklichkeit darstellen. Grey vergleicht die Aufregung um den Datenjournalismus mit den Hoffnungen die in den Fotojournalismus gesetzt wurden. Die ersten journalistischen Fotografien im 19. Jahrhundert wurden bejubelt als unvoreingenommene und neutrale Zeugnisse der Wirklichkeit. Heutzutage ist es müßig die manipulativen Fähigkeiten von Bildern weiter zu betonen. Ähnlich vorsichtig wie mit Bildern sollten wir auch mit Daten umgehen. „Fakten sind heilig“ statiert der Guardian, „für eine fakten-basierte Weltsicht“ lautet das Motto der Datenjurnalismus-Website Gapminder. Datenjournalismus ist aber leider nicht gleich pure Faktenwiedergabe, sondern genauso abhängig von der subjektiven Selektion, Interpretation und Wiedergabe der Journalisten. Da dies aber eben für jede Form der journalistischen Verarbeitung der Realität gilt, kann und soll dies kein Argument gegen den Datenjournalismus sein. Es heißt aber, dass der Datenjournalismus mit genau so viel Vorsicht zu genießen und zu betreiben ist, wie jede andere Form des Journalismus.



Januar-Dossier: Datenjournalismus

Im Monat Januar 2013 wird es bei den Trendbloggern um das Thema Datenjournalismus gehen. Was ist Datenjournalismus? Sehr lesenswert dazu ist das Interview von Ulrike Lange (von Medial-Digital) mit dem Journalisten und Experten Nicolas Kayser-Bril, der schon sehr viel in den Bereich gearbeitet hat u.a. beim Journalismus-Startup Owni.fr als Datenchef und Gründer von Journalism++. Er sagt in dem Interview:

Datenjournalismus ist […] nicht bloß Datenbereitstellung. Er kann Daten auch in Kontext stellen und analysieren. Nehmen wir das Beispiel Agrarpolitik. Wir haben dazu alle Daten über alle Subventionen, die jede noch so kleine Region in Europa erhält. Diese Zahl haben wir zum Bruttoinlandsprodukt der jeweiligen Region in Relation gesetzt. Wir haben also ein Ranking der Einnahmeanteile einer Region aus Subventionen erstellt. Damit konnten wir präzise sehen, welche europäische Kommune sich mit ihren Einnahmen fast ausschließlich auf Subventionen stützen. Das ist Journalismus. Wir haben eine journalistische Fragestellung, und wir vertiefen die vorliegenden Daten, auch wenn sie in binärer Form in einer Datenbank liegen. Ich würde Datenjournalismus eher definieren als Journalismus von Journalisten, die programmieren können.

Etwas genauer hat das Lorenz Matzat, ein weiterer Experte auf dem Gebiet des Datenjournalismus definiert:

Ein oder mehrere maschinenlesbare Datensätze werden per Software miteinander verschränkt und analysiert – damit wird ein schlüssiger und vorher nicht ersichtlicher informativer Mehrwert gewonnen. Diese Information wird in statischen oder interaktiven Visualisierungen angeboten und mit Erläuterungen zum Kontext, Angaben zur Datenquelle (bestenfalls wird der Datensatz mit veröffentlicht) versehen. Letztere wird ggf. kommentiert (in Schrift, Ton oder Bewegtbild). Liegen die Daten nicht maschinenauswertbar vor (z.B. hundertausende Emails) können die User aufgefordert werden, die Recherche weiter mit voranzutreiben (“Crowdsourcing”, siehe bspw. “Investigate your MP’s expenses“).

Die Aufgabe für die Trendblogger für Januar lautet, Beispiele aus den Ländern der Trendblogger rund um das Thema Datenjournalismus zu finden:

  • Spannende Beispiele der Darstellung von Daten in traditionellen Medien, insbesondere interaktive Beispiele
  • Spannende Start-Ups, welche Journalisten die Möglichkeit bieten, Daten zu analysieren und auszuwerten
  • Kontroversen rund um das Thema Daten in den Medien (Stichwort: Umgang mit Wikileaks)

Toll wäre es, wenn jeder Trendblogger recherchieren könnte, welche Journalisten sich in den jeweiligen Ländern intensiv mit der Materie befassen – diese könnten wir dann hier in der Blogroll verlinken, wir könnten aber auch Interviews mit ihnen machen.

Die nächste Redaktionskonferenz findet statt am 13. Februar 2013 mit dem Journalisten Richard Gutjahr.