Am vergangenen Sonntag ist mit „Rising Star“ (A Próxima Estrela) ein neues Format, kombiniert aus Talentshow und Social-TV, des portugiesischen Privatkanals TVI auf Sendung gegangen. Neuheit: Die Zuschauer_innen können per App über den Erfolg der Kandidat_innen mitbestimmen. Das Konzept stammt aus Israel. Nun ist Portugal eines der ersten Länder in denen Rising Star seine Welttournee beginnt. Wie weit der Einfluss von Smartphone- und Tablet-Nutzer_innen wirklich reicht, bleibt unklar. #risingstartvi
Es konnten über ein Million Abstimmungen verzeichnet werden, verkündet der Sender überschwänglich noch in der Premierennacht auf seiner Internetseite. [1] Diese wurden von ca. 230.000 Personen abgegeben, die die kostenlose App in der vorangegangenen Woche zum Download-Star im App Store gemacht hatten. [2] Mit dieser Anwendung können die Zuschauer_innen der neuen Talentshow live dafür oder dagegen abstimmen, dass ein_e Kandidat_in die nächste Runde erreicht. Die Gesichter der Abstimmenden erscheinen simultan auf einer Leinwand, die zwischen Sänger_in und der Jury aufgespannt ist und sich hebt, sobald die erforderlichen 70% Zustimmung erreicht sind. Jedes der vier Jury-Mitglieder, wie üblich allesamt Berühmtheiten aus dem Musikbereich, kann zudem durch ein positives oder negatives Votum den Pegel jeweils um 7% nach oben oder unten dirigieren.
Soweit habe ich das Prinzip verstanden. Aber 70% wovon eigentlich? Der Leinwandfläche? Der Gesamtanzahl der Stimmen? Dann wäre aber die Anzahl an notwendigen Stimmen immer unterschiedlich. Vielleicht geht es auch um 70% einer festgelegten, jedoch unbekannten Nummer? Auch nach der Lektüre aller Veröffentlichungen von TVI bleiben die 70% ein Rätsel.
Im Verlauf der Sendung wurde meine Verwirrung noch durch eine weitere Beobachtung genährt: Bei allen erfolgreichen Nachwuchskünstler_innen war das positive Votum der Jury das ausschlaggebende. Ohne diese prozentigen Anschübe wäre keine_r der Kandidat_innen in die nächste Runde gekommen. Hier ein Beispiel.
Demgegenüber scheiterten diejenigen, denen die Zustimmung der vier Juror_innen verwehrt blieb, an der 70%-Hürde, wie beispielsweise João.
Welche Erklärungen könnte es für dieses Phänomen geben? Vielleicht sind Jury und Publikum sich schlichtweg immer einig über die Qualität der Gesangsbeiträge. Unter Umständen könnte auch das Abstimmungsverhalten der Stars jenes der Zuschauer_innen beeinflussen. Oder ist letztlich meine Stimme per App vielleicht doch nur Fake-Partizipation ohne entscheidenden Einfluss? Hätte das Publikum tatsächlich die Möglichkeit sich gegen vier Negativvoten aus der Jury zu behaupten? Diese Fragen ließen sich nur mit genauerer Kenntnis über Abstimmungszahlen und Berechnungsschlüssel beantworten. Sollte dieser Trend sich jedoch fortsetzen, könnte das Publikum sich hinter’s Licht geführt fühlen. Dann könnte das vom Sender als Innovation gespriesene Format schnell seine Attraktivität einbüßen. Bis jetzt gibt es dafür jedoch keine Anzeichen.
Die erste Sendung hat mit insgesamt 3,7 Millionen Zuschauer_innen den Rekord des Sonntagabends eingefahren und das in direkter Konkurrenz zum artverwandten Programm „The Voice Portugal“ (A Voz de Portugal), das vor knapp einem Monat mit seiner zweiten Staffel auf den Bildschirm des öffentlichen Senders RTP 1 zurückkehrte. Diese Erstausstrahlung könnte die Fortsetzung eines internationalen Erfolgskonzeptes bedeuten.
Portugal ist nach Israel im Dezember letzten Jahres und Brasilien im vergangenen Monat das dritte Land in dem Rising Star Publikumserfolge feiern darf. Der amerikanische Sender abc schickt seine Variante am 22.Juni in die Spur. [3] In Deutschland beginnen die Auditions (Vorausscheide) am kommenden Sonntag. [4] #risingstar
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Die erste Sendung von Rising Star (A Próxima Estrela) könnt ihr hier schauen.
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