Gründer des Instituts für Kommunikation in sozialen Medien


Hyperlocal Journalism: „Nichts ist zu klein“ – Interview mit Julian Heck (@lokalblogger)

Julian Heck PorträtIm Dezember wird Julian Heck das Dossier „Hyperlocal Journalism“ mit den Trendbloggern bearbeiten. Julian Heck ist Politikwissenschaft-Student und Journalist. Er betreibt das hyperlokale Blog weiterstadtnetz.de und bloggt thematisch passend auf lokalblogger.de. Seit November 2013 ist er Autor bei den Netzpiloten. Neben weiteren journalistischen Tätigkeiten ist er als Dozent bei der Friedrich-Ebert-Stiftung und im Institut für Kommunikation in sozialen Medien in den Bereichen Journalismus und Crowdfunding tätig. In diesem Jahr gehört er zu den “Top 30 bis 30″, die das Medium Magazin jährlich benennt. Auf Twitter ist er unter @julianheck und @lokalblogger zu finden. Wir haben ihn vorab gefragt, welche Zukunftschancen Hyperlocal Journalism hat.

Was ist für Dich Hyperlocal Journalism?

Hyperlokaler Journalismus ist für mich zunächst mal die Berichterstattung bis ins kleinste geografische Gebiet, also zum Beispiel eine kleine Stadt, ein Stadtteil und einzelne Straßen. Der Blick richtet sich bei dieser Form des Journalismus also auf so ziemlich alles, was die Menschen in ihrer nahen Umgebung bewegt – ganz nach dem Motto: nichts ist zu klein, um darüber zu berichten. Von hyperlokalen Blogs beziehungsweise Lokalblogs, hyperlokalen Online-Zeitungen oder Online-Magazinen – der Begriff ist für mich zweitrangig – spricht man meist, wenn sie sich ausschließlich auf dieses kleine Gebiet fokussieren. Ich könnte mir aber auch vorstellen, dass große regionale Tageszeitungen hyperlokalen Journalismus betreiben und nach „ganz unten“ schauen. Sie tun es bloß nicht, weil es zu teuer ist.

Lokalblogger-Logo

Lässt sich Hyperlocal Journalism von dem unterscheiden, was Regionalzeitungen machen?

Jein. Das geografische Gebiet der Berichterstattung ist ein anderes, spezieller, fokussierter. Wie eben schon erwähnt müsste das nicht so sein, aber es ist für die Verlage in der Regel zu teuer. In der Art und Weise, wie Journalismus gemacht, unterscheiden sich Lokalblogs von Regionalzeitungen teilweise immens, teilweise nur gering. Es gibt hyperlokale Angebote, die machen klassischen Nachrichtenjournalismus, übertragen die Papier-Zeitung ins Netz und fügen ab und an noch eine Bildergalerie hinzu. Andere Angebote zeichnen sich dadurch aus, dass sie das Medium Internet ausnutzen: Slideshows, Audios, Videos, Social-Media-Integration, etc. Viele der hyperlokalen Plattformen haben die Besonderheit, das kritische Auge in der Stadt zu sein. Obwohl das im Journalismus üblich sein sollte, verfallen große Verlage gerne in einen Kuschel- und Blümchenjournalismus. Sie schreiben die Stadt schön und harmonieren beispielsweise mit politischen Entscheidungsträgern, damit sie brav an ihre Informationen gelangen. Das ist natürlich nicht Sinn der Sache – und das haben die Lokalblogger erkannt.

Gibt es Hyperlocal Journalism auch Mobile oder als Social-TV?

Das ist eine interessante Frage, welcher die Trendblogger im Dezember auf die Spur kommen könnten. Natürlich optimieren immer mehr Macher ihre Seiten, indem sie etwa responsiv und damit mobil gut nutzbar sind. Man muss allerdings beachten, dass viele hyperlokale Blogs von Journalisten betrieben werden, die das nebenberuflich gestartet haben oder immer noch machen. Die technische Ausgestaltung, zum Beispiel in Sachen mobile usability, fällt hierbei gerne mal hinten runter. Eine zunehmende Professionalisierung könnte aber eventuell dafür sorgen, dass auch Dinge wie Social-TV bald eine Rolle spielen.

 

Was interessiert Dich am meisten? Was sollen die Trendblogger am stärksten recherchieren?

In Deutschland wächst die Zahl der Lokalblogs stetig – so zumindest mein ganz subjektiver Eindruck. Zentral wird sein, ob sich solche Angebote langfristig finanzieren werden – und wie. Ich habe kürzlich die These aufgestellt, dass Lokalblogs wirtschaftlich nur funktionieren können, wenn eine Vollzeitkraft dahintersteckt. Ist das so? Und wie sieht die Lokalblog-Landschaft in anderen Ländern aus? Wenn die Trendblogger durch ihre Recherchen bei hyperlokalen Journalisten vor Ort eine oder mehrere Zutaten zu einem Lokalblog-Erfolgsrezept mitbringen, dann hätten sie nicht nur spannende Geschichten erzählt, sondern die Lokalblogger-Szene sogar ein Stückchen weitergebracht.