Manchester,
Trendblogger-Jahrgang 2013/2014 seit 9/2013 International Business Studium an der Manchester Metropolitan Universität seit 10/2012 Studentische Hilfskraft am Lehrstuhl für ABWL, insbes. Internationales Management von Prof. Dr. Söllner seit 10/2011 Studium der Internationalen Betriebswirtschaftslehre an der Europa-Universität Viadrina Schwerpunktfächer: International Management & Marketing, International Economics & Finance Interessengebiete: Service Offshoring Integrated Marketing Web-2.0-Unternehmen Social Media


Die Jagd nach dem gläsernen Menschen im Netz: Was lassen wir mit unseren Daten geschehen?

In dem folgenden Text werde Ich mich in den Themenbereich Privacy eintauchen. Ich werde versuchen den Begriff „Vorratsdatenspeicherung“ zu verdeutlichen und auf die Frage „Was lassen wir mit unseren Daten geschehen?“ eine Antwort zu geben.

DBT_intro

Quelle: http://www.dubistterrorist.de/

Vorratsdatenspeicherung bezeichnet die Verpflichtung der Anbieter von Telekommunikationsdiensten zur Registrierung von elektronischen Kommunikationsvorgängen, ohne dass ein Anfangsverdacht oder eine konkrete Gefahr besteht (Speicherung bestimmter Daten auf Vorrat). Zum Zweck der Verhütung und Verfolgung von schweren Straftaten sollten Telekommunikationsanbieter und Internetprovider verpflichtet sein, die Verkehrsdaten der Telekommunikation „auf Vorrat“ zu speichern.

Die Beweggründe des Ministerium des Innern

Kriminalitätsbekämpfung

Nach bisherigem Recht mussten die Anbieter die Verkehrsdaten nach Beendigung der Verbindung unverzüglich löschen, es sei denn, sie benötigen die Daten zu Abrechnungszwecken. Zu Abrechnungszwecken nicht erforderlich sind beispielsweise Standortdaten, IP-Adressen im Falle von Flatrates und E-Mail-Verbindungsdaten/ Standortdaten, IP-Adressen im Falle von Flatrates und E-Mail-Verbindungsdaten sind beispielsweise zu Abrechnungszwecken nicht erforderlich. Die Abrechnungsdaten mussten auf Wunsch des Kunden mit Rechnungsversand gelöscht werden. Jetzt sollen diese Daten zur Verfügung der Polizei gespeichert werden. Zum Schutz (des Lebens) potenzieller Opfer vor Terroranschlägen und anderer Straftaten müssen alle verfügbaren Mittel ausgeschöpft werden. Die auf Vorrat gespeicherten Verbindungsdaten werden zur Verfolgung von Straftaten und zur Abwehr von erheblichen Gefahren für die öffentliche Sicherheit genutzt und übermittelt. Auch zur Bekämpfung von Kindesmissbrauch, organisierter Kriminalität, Rechtsradikalismus ist eine Vorratsdatenspeicherung erforderlich.

 

Eu-Richtlinie

Am 14. Dezember 2005 stimmte das Europäische Parlament schließlich mit den Stimmen der Christdemokraten und der Sozialdemokraten mit 378 Stimmen (197 Gegenstimmen, 30 Enthaltungen) für eine Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung. Am 21. Februar 2006 stimmte der Rat ohne weitere Aussprache durch die Innen- und Justizminister mehrheitlich für die Richtlinie.

Die Vorratsdatenspeicherung wurde in Bulgarien auch eingeführt, auch mit der Begründung der Umsetzung dieser EU-Richtlinie. Allerdings gab es ein Update des “Electronic Communications Act (ECA)” in der ersten Lesung. Dabei wollten die Abgeordnete zwei Sachen verändern:

1. Das Innenministerium soll direkten Zugriff auf die Verbindungsdaten bekommen. Begründung des Innenministers: “Ich kann Mädchen, die Opfer von Säure-Attacken wurden, nicht erklären, dass wir solange auf die Herausgabe von Verbindungsdaten durch die Provider warten müssen”.

2. Die Vorratsdatenspeicherung darf jetzt auch für kleine Vergehen genutzt werden.

 

 Kritik

Datenschützer, Verfassungsrechtler, Parteien und Vertreter verschiedener Berufsgruppen protestierten und stellten den Sinn einer solchen Maßnahme zur Debatte, sie weise den Weg in Richtung eines Überwachungsstaates: Wenn man sich nicht sicher sein könne, frei kommunizieren zu können, leide darunter die Zivilgesellschaft, und Bürger würden vor politischen Äußerungen im Internet zurückschrecken. Anonyme Seelsorge- und Beratungsdienste seien ebenso gefährdet, da weniger Menschen es wagen würden, diese Dienste zu nutzen.

 

Wie können die Verbrecher ihre Daten verbergen?

Meiner Meinung nach ist eine abschreckende Wirkung durch ein höheres Entdeckungsrisiko in Staaten, in denen eine Vorratsspeicherung erfolge, nicht nachweisbar zu beobachten ist. Unter Berücksichtigung der vielfältigen Umgehungsmöglichkeiten, die vor allem von professionellen Straftätern genutzt werden/werden würden (zum Beispiel Nutzung von Telefonzellen, fremden Mobiltelefonen, Internetcafés), könne eine Vorratsdatenspeicherung nur in wenigen und regelmäßig wenig bedeutenden Einzelfällen von Nutzen sein. Ein Einfluss auf das Kriminalitätsniveau insgesamt sei in der Praxis nicht zu beobachten. Die Eignung zur Bekämpfung organisierter Kriminalität oder zur Verhütung terroristischer Anschläge sei als äußerst gering bis nicht gegeben einzuschätzen.

In Deutschland wurden z.B. im November 2005 381 Straftaten vor allem aus den Bereichen Internetbetrug, Austausch von Kinderpornografie und Diebstahl erfasst, die in den vergangenen Jahren aufgrund fehlender Telekommunikationsdaten nicht aufgeklärt werden konnten. Diesen 381 Fällen stehen jährlich 6,4 Millionen Straftaten gegenüber, von denen laut Kriminalstatistik Jahr für Jahr 2,8 Millionen unaufgeklärt bleiben. Einer Stellungnahme des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung zufolge ließe sich die durchschnittliche Aufklärungsquote demnach „von bisher 55 % im besten Fall auf 55,006 % erhöhen“. Vor diesem Hintergrund sei nicht einzusehen, warum gerade die Nutzer von Telefon, Handy und Internet überwacht werden sollten, zumal die Aufklärungsquote in diesem Bereich schon ohne Vorratsdatenspeicherung überdurchschnittlich hoch sei.

 

Missbrauchs- und Irrtumsrisiko

Telekommunikationsdaten hätten einerseits eine sehr hohe Aussagekraft und erlaubten Rückschlüsse über die gesamte Lebenssituation der Betroffenen, seien andererseits aber nicht eindeutig einer Person zuzuordnen. Deshalb entfalteten die Daten einerseits eine große Anziehungskraft auf Personen, die ihren Missbrauch beabsichtigen, könnten andererseits aber auch zu falschen Verdächtigungen führen. Auf Seiten des Staates sei eine Nutzung der Daten zum Vorgehen gegen politische Gegner und staatskritische oder sonst unliebsame Organisationen und Personen zu befürchten. Auch die Nutzung zur Wirtschaftsspionage durch ausländische Staaten sei zu befürchten. Ferner drohe ein Missbrauch durch Private, etwa durch kriminelle Erpresser oder Sensationsjournalisten.

 

Die negative Folgen über die Gesellschaft

Das Wissen, dass das eigene Verhalten protokolliert wird und in Zukunft gegen den Kommunizierenden eingesetzt werden könnte, wirkt unter Umständen abschreckend. Menschen könnten davon abgehalten werden, sich staatskritisch zu engagieren. Mittelbar gefährde dies die gesamte offene Gesellschaft, deren Funktionieren die unbefangene zwischenmenschliche Kommunikation und Mündigkeit der Bürger voraussetze.

 

Wirtschaftliche Auswirkungen

Die gesetzliche Vorgabe der Vorratsdatenspeicherung verursacht bei den Netzbetreibern jährliche Betriebskosten (Investitions- und Unterhaltskosten) in schätzungsweise dreistelliger Millionenhöhe. Diesen Kosten stehen keine Einnahmen oder Vergünstigungen durch den Staat gegenüber, somit ist der Kostenträger der Vorratsdatenspeicherung allein der Telekommunikationskunde. Der Staat profitiert durch Mehrwertsteuermehreinnahmen für Kosten, die er selbst verursacht hat.

Durch die unverhältnismäßig hohe Belastung der kleinen Anbieter ergeben sich erhebliche Wettbewerbsverzerrungen und direkte Wettbewerbsvorteile für die großen Netzbetreiber.

Des Weiteren hemmt und verhindert die Vorratsdatenspeicherung die Entwicklung kostengünstiger Telekommunikationssysteme und somit Preissenkungen für den Verbraucher.

 

Welche konstitutionellen Regeln werden verletzt?

Die Erfassung der Verbindungsdaten könne „nicht als vereinbar mit den Bestimmungen der Verfassung und der Europäischen Menschenrechtskonvention erachtet werden“.

Juristisch wird argumentiert, die Vorratsdatenspeicherung verstoße gegen die Grundrechte der Kommunizierenden und der Telekommunikationsunternehmen. Es liegt ein Verstoß gegen das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis und das Recht auf Achtung des Privatlebens und der Korrespondenz, gegen die Meinungsfreiheit und gegen das Recht auf Achtung des Eigentums.

 

„Du bist Terrorist“

Alexander Lehmann hat unter dem Titel “Du bist Terrorist” die einstige Werbekampagne “Du bist Deutschland” parodiert und als satirisches Video ins Netz gestellt. In einer Minute und 59 Sekunden beschreibt es polemisch und pointiert die Neuerungen der Inneren Sicherheit in den vergangenen Jahren in Deutschland und zeichnet das Bild eines Staates, in dem jeder überwacht wird. Das allein war kein Problem. Wenige Tage nach der Veröffentlichung meldete sich bei dem Studenten aus Hamm die erste Anwaltskanzlei und forderte, den Film aus dem Netz zu nehmen. Der Vorwurf der Werbeagentur, die die Kanzlei vertrat: Er verletzte Markenrechte. Nachdem diese Klagedrohung im Internet noch viel mehr Aufmerksamkeit erregte und zu diversen Medienberichten unter anderem hierbei ZEIT ONLINE geführt hatte, rückte die Agentur von ihrer Drohung ab.

„Der Datenhamster“

 

Demonstrationen

a) in Deutschland

Eine der größten Demonstrationen mit etwa 20.000 Teilnehmern fand am 07. September 2013 in Berlin mit dem Namen „Freiheit statt Angst“ statt. Dabei wurden die Demonstranten von Polizisten mit Handvideokameras gefilmt.

Quelle: http://www.vorratsdatenspeicherung.de/images/fsa2013-banner.jpg

Die bisher größte Demonstration fand am 11. Oktober 2008 in Berlin statt. Etwa 50.000 Menschen (nach Veranstalterangaben bis zu 100.000, nach Polizeiangaben offiziell 15.000) nahmen an dem Demonstrationszug teil.

Weiter gibt es auch eine Massenklage in Karlsruhe. Insgesamt 35.000 Bürger stehen hinter der Klageeinreichung beim Bundesverfassungsgericht, darunter auch viele bekannte Politiker. Der Erste Senat des Obersten Gerichts erklärte am Dienstag (02.03.2010) in Karlsruhe die Vorratsdatenspeicherung für verfassungswidrig und nichtig. Das Verfassungsgericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Speicherung gegen das Fernmeldegeheimnis verstoße. Damit wurde das entsprechende Gesetz außer Kraft gesetzt. Der Gesetzgeber muss nun ein neues Gesetz verabschieden. Die vorhandenen Daten müssen gelöscht werden.

b) in Bulgarien

Die größte Demonstration fand am 14.01.2010 in Sofia vor dem Parlament mit dem Namen „Bulgarien ist kein Big Brother“ statt. Der Veranstalter des Protestes Asen Genov vertritt die Meinung, dass er erfolgreich war, denn direkten Zugriff auf die Verbindungsdaten wird bei der zweiten Vorlesung des Gesetzes abgemacht.

Quelle: http://www.theepochtimes.com/n2/images/stories/large/2010/04/28/bulgaria.JPG

 

Fazit

Ich bin der festen Überzeugung, dass die Vorteile der Vorratsdatenspeicherung nicht so sehr ins Gewicht fallen, sondern gefährdet sie den Rechtsstaat, den Rechtfrieden und die Freiheit. Man kann mit der Vorratsdatenspeicherung leicht umgehen und die Daten dienen als kein Beweis im Gericht. Die Polizei nutzt sie nur für die Planung ihrer Aktionen.

Zum Schluss werde Ich meine Worte mit einem Zitat von Benjamin Franklin unterstützen.

“Diejenigen, die für ein wenig vorübergehende Sicherheit grundlegende Freiheiten aufgeben, verdienen weder Freiheit noch Sicherheit.”

 

18 KOMMENTARE , GEBE EINEN KOMMENTAR AB

  1. Deutschland hätte diesen Vertrag nie unterzeichnen dürfen. Aber damals hat man sich gedacht, man könne über des Volkes Köpfe hinweg entscheiden, und dafür zahlt man jetzt den Preis. Und ich will hier keine Vorratsdatenspeicherung, weder ganz noch teilweise.Sehr interessanter Artikel!

  2. Die EU-Kommission droht mit einer Klage für eine Sache, an der sie selbst zweifelt!? Leben wir hier eigentlich in einem riesigen Irrenhaus? Im Zweifel immer für den “Angeklagten”.

  3. In diesem Artikel werden viele interessante Aspekte genannt, die einem im ersten Moment gar nicht bewusst waren. Ein bemerkenswerter Beitrag!

  4. Eine Vorratsdatenspeicherung verhindert Terrorismus oder Kriminalität nicht. Sie ist unnötig und kann von Kriminellen leicht umgangen werden.

    • Der letzte Kommentar ist mit dem Roman von George Orwell 1984 verbunden (Originaltitel: Nineteen Eighty-Four). In diesem wird ein totalitärer Präventions- und Überwachungsstaat dargestellt.

  5. Ausgezeichneter Artikel! Sehr informativ, interessant und aktuell. “Diejenigen, die für ein wenig vorübergehende Sicherheit grundlegende Freiheiten aufgeben, verdienen weder Freiheit noch Sicherheit.” -sehr gut gebraucht als Ende!

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