„Die schönsten Wanderwege“, „Die schönsten Radwege“ … alles schöne Titel von Reiseführern, die einem vorschlagen, wie man im Urlaub entspannter von A nach B kommt. Im Alltag sieht das anders aus. Schaltet man hier das Navigationsgerät ein, wird automatisch der schnellste Weg angezeigt. Mit entsprechender Fahrradapp, wird vielleicht noch der praktischste Radweg mit wenig Kopfsteinpflaster vorgeschlagen. Die Kriterien für die Wege, die man zu Fuß zurücklegt, beschränken sich meist nur auf die kürzeste Distanz. Dabei kann ein geringfügig längerer, dafür aber schönerer und entspannterer Weg oftmals die bessere Wahl sein, um ans Ziel zu kommen. Forscher aus Spanien und Italien haben nun einen Algorithmus erstellt, der nicht den schnellsten Weg ermitteln, sondern den, der am glücklichsten macht.
Daniel Quercia und Luca Maria Aiello aus den Yahoo Labs in Barcelona sowie Rossano Schifanelle von der Universität Toronto forschen seit 2012 an Parametern, mit denen man die besten, entspanntesten und ansehnlichsten Fußgängerouten ermitteln kann. Dafür haben sie die Schönheit spefizischer Orte ermittelt und einen Algorithmus erstellt. „Das Ziel dieser Arbeit ist es, automatisch nicht nur die kürzeste, sondern auch die vergnüglichste Route vorgeschlagen zu bekommen“, heißt es in ihrem Abstract (p.1 l.3).
Um diesen Weg zu ermitten, haben sie mithilfe von Flickr häufig fotografierte Orte und Straßen ermittelt. Als Teststadt haben sie London ausgewählt. Im zweiten Schritt wurde mit Googlemaps und Geograph eine Bilddatenbank erstellt, die verschiedene Teile der Stadt zeigt. Hierbei wurde auf eine neutrale Darstellung und die gleiche Bildqualität geachtet, um Beeinflussungen zu vermeiden. Anschließend haben User auf UrbanGerms.org abgestimmt, welche Straßenecken schöner sind. Dafür werden auf UrbanGerms immer zwei Bilder gegenübergestellt und der User wählte die Straßenecke aus, die auf ihn schöner, ruhiger und fröhlicher wirkt. Aus über 3.300 Antworten erhielt das Team einen Eindruck davon, welche Orte auf einer Karte als Fixpunkte dienen können und sie erstellten eine Formel, mit der sie vergnügliche Routen berechnen können.
Quercia gibt an, dass die „schönen“ Wege meist nur 12 Prozent länger sind, als die kürzeste Route. Um die Route nicht nur digital zu ermitteln, wurden die erstellten Wege mit 30 Testpersonen ausprobiert. Alle Probespaziergänger stimmten überein, dass die „schöne“ Route ihnen besser gefällt, als die kürzeste Route.
Da der Gesamtvorgang zu aufwändig wäre, um ihn für jede Stadt neu durchzuführen, hat sich das Team um Quercia die Gemeinsamkeiten aller für schön befundenen Fotos erarbeitet und allgemeine Kriterien für die Schönheit eines Ortes erstellt, z. B. erforschten sie, dass Grünflächen und viktorianischer Baustil oft mit Schönheit assoziiert werden, während Abfall und zerbrochene Fensterscheiben als häßlich angesehen werden.
Mit diesen Kriterien konnten auch Fotos anderer Städte untersucht werden. Als nächster Testort wurde Boston gewählt. Nachdem das Team passende Bilder suchte und ihren Algorithmus anwandte, haben 54 Testpersonen die vorgeschlagenen Wege bewertet. Sie kamen zu dem Ergebniss, dass auch hier die „schönen“ Routen zufriedenstellender sind als die kürzeren Wege.
Nach den positiven Testläufen möchten Quercia und Co nun eine App programmieren, die in allen Städten Europas und den USA funktionieren soll. Wann diese erscheinen soll, ist noch nicht bekannt.