Helsinki,
Trendblogger-Jahrgang 2012/2013 "Hyvää päivää", mit 5 A-Umlauten grüße ich aus der finnischen Hauptstadt. Seit September habe ich nun meine Uni-Stadt Jena verlässen und studiere für zwei Semester Sozialpsychologie an der Universität Helsinki. Zwischen Nokia-Schlagzeilen, buntem Angry-Birds-Franchise und entspannten Saunagängen finden sich hier in Finnland Innovationsreichtum und Entspannung zugleich. Inspiriert von diesem finnischen Geist, schreibe ich daher nun über aktuelle Trends aus der Weltdesignhauptstadt im Norden Europas.


MTV Finnland startet Social-TV-Sender

Als ich gerade dabei bin einen ernüchternden Artikel zu fehlenden Fernsehinnovationen zu finalisieren, bekomme ich eine Twitter-Nachricht: „MTV Media Finland launches social TV“.
Das hat mich natürlich neugierig gemacht: Was steckt dahinter?

avatv
Bei meiner Recherche zum Febraur-Dossier „Können Fernsehsender noch innovativ sein?“ habe ich unter anderem den Medienberater Timo Argillander von Digital Media Finland nach TV-Innovationen aus und in Finnland gefragt. Seine Antwort war recht trocken: „Es gibt nicht viele.“ Zu diesem Schluss bin ich dann auch gekommen, was mich sehr ernüchtert hat. Wenn selbst ein Innovationsland wie Finnland nichts zu bieten hat, wie soll man da optimistisch bleiben? Ein erneuter Tweet von Timo Argillander zwei Tage später brachte mich dann aber aus dem Konzept: MTV Media nutzt nun Social TV? Wie aufregend!

Ganz so aufregend ist es dann alledings nicht. Es geht weder um eine umfassende Strategie noch um den Hauptsender MTV3, sondern um den Spartensender AVA. Ursprünglich als Kanal mit Frauen als Zielgruppe gegründet, wird er nun unter dem neuen Motto „Luodaan yhdessä“ („Lasst uns zusamen etwas schaffen“) zum sozialen Sender umgewandelt wird, bei dem jeder und vor allem jede mitmachen können soll.

Das klingt sehr nach dem Bürgerkanal in Helsinki Stadi.tv, bei dem die Nutzer ihre eigenen Beiträge hochladen können, die dann ggf. ausgestrahlt werden: Eine gute Idee, die sehr liebevoll umgesetzt wurde. Letzlich ist das nutzergenerierte Programm dann allerdings nicht sehr spannend – aber vermutlich besser als bei manch anderem Lokalsender.

Wie radikal der Nutzereinfluss bei dem neuen Sender AVA sein wird ist noch unklar. MTV selbst kündigt an, dass er von vorne bis hinten ein gemeinschaftlich geschaffenes Erlebnis bieten soll. Selbst das AVA-Senderlogo wird durch einen wöchentlichen Design-Wettbewerb durch die Zuschauer neu gestaltet und verändert. Eine interessante Möglichkeit, Einfluss auf den Sender zu nehmen. Aber was ist es mit dem Programm, dem eigentlich Kern des Fernsehens? Bisher heißt es, dass es Themenwochen geben soll, für die Zuschauer Videos, Bilder und Geschichten einreichen können. Das klingt nicht nach viel Einfluss, aber es bleibt abzuwarten, wie es umgesetzt werden wird.

Matriarchie im Social Web

Frauendominanz in Sozialen Netzwerken. Zielgruppe für Social TV?

Dass das Social-TV-Konzept einen Frauensender als Grundlage nimmt, scheint kein unkluger Schritt zu sein. Das weltweit größte Soziale Netzwerk Facebook hat laut Informationisbeautiful.net monatlich 155 Millionen weibliche Besucher mehr als männliche. Auch Twitter wird mit 62% Nutzerinnen von Frauen dominiert. Am meisten erinnert das neue Image des Senders allerdings an die erfolgreiche Plattform Pinterest, auf denen hauptsächlich Frauen, aber auch andere Kreative, Fotos mit der Welt teilen. Besonders beliebt sind Rezepte und Bastelideen, welche in den USA schon teilweise Koch- und Bastelshows genutzt werden (Beispiel PinterestTV). Wenn MTV diese Potentiale richtig erkennt und nutzt, könnte AVA ein Erfolg werden.

Die derzeitigen Neuigkeiten betreffen hingegen zunächst hauptsächlich Visualisierungen von Social-Media-Inhalten und Tools für Moderatoren zur Auswahl von relevanten Inhalten aus den Sozialen Netzwerken. Nur wenn diese Tools auch kreativ genutzt werden, kann AVA eine spannende Alternative zu den etablierten Sendern bieten.

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