Brüssel,
Trendblogger-Jahrgang 2012/2013 Goedentag, Bonjour und Hallo aus BRÜSSEL. Irgendwo zwischen urigen Frittenbuden, diversifizierten Bierkneipen, geheimnisvollen Gassen und Europa´s Gemäuern - den Regenschirm darf ich nicht vergessen – verirre ich mich auf dem Nachhause-Weg von der Uni. Die nassen Kopfsteinpflaster glänzen. Die frische Brise von der See kühlt . Wolang weht der Wind hier in Sachen Medientrends? Ein Jahr lang gehe ich auf Entdeckungsreise.


Keemotion- Sportvideos produzieren ohne Kameramann

Kameramänner, Produktionstechniker, Kabelhalter- adieu! Benötigt wird nur ein Tablet, das mit den speziellen Keemotion-Kameras verbunden ist- et voilá: die Produktion der Aufnahme eines Sportspiels erfolgt automatisch.

 

Das Startup-Unternehmen „Keemotion“ hat eine Technologie entwickelt, die es ermöglicht, ein Sport-Event ohne menschliches Eingreifen kostengünstig zu filmen. Das Harvard Basketball-Team gehört zu den ersten Kunden. Für die Produktion von Sportaufzeichnungen und für alle Spielbeteiligten- Trainer, Spieler oder Organisatoren- bringt die Aufnahme mit der neuen Technologie vor allem Kostenreduzierung, Komfort und neue Möglichkeiten. Aufnahmen mit Keemotion könnten aber auch die Arbeit von Sportjournalisten verändern.

Was wäre, wenn ein Roboter den Kameramann ersetzen würde?

Das ist die Leitfrage der Gründer von Keemotion gewesen. Die Zusammenarbeit mit Prof. Devleeschouwer von der Université Catholique de Louvain (UCL) machte es möglich: Durch seine Forschungen konnte eine patentierte Methode entwickelt werden, die automatisch audiovisuelle Bewegungen während eines Sportspiels mithilfe eines Algorythmus erkennt. Die Bewegungserkennung ist dynamisch und wird an den Spielverlauf angepasst: wichtige Ereignisse und Spieler werden fortlaufend eingefangen.

Die Aufgaben eines Filmtechnikers und –produzenten scheinen hiermit getan…

Produzenten, Techniker, Kameramänner, Kabelhalter- Ade!

Die Anleitung auf der Keemotion-Webseite klingt einfach: „Man greife sich ein Tabletgerät, starte die Keemotion-App und gebe die Spieldetails ein. Keemotion erledigt den Rest!“

keemotion_cameras

Eine Kamera mit der patentierten Keemotion-Technologie, die Bewegungen automatisch erkennt und zuordnet.

Für das Spiel werden vorab mindestens drei Kameras mit patentierter Keemotion-Technologie installiert und an ein Tablet angeschlossen. Das Spiel kann direkt im Internet übertragen werden.

Videos und mehr…

Während das Spiel erfasst und das Video erzeugt wird, werden automatisch einzelne Spielaktionen, Spielergebnisse und andere Informationen in Form von Fahnen markiert und in einer Seitenleiste angezeigt. Somit kann jeder Nutzer direkt auswählen, was er sehen möchte.

 

 

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Das Spiel wird automatisch in Sequenzen nach bestimmten Spielaktionen unterteilt.

 

Zusätzlich können User ihr eigenes Video herstellen, indem sie ihre Lieblingsaktionen aus dem gesamten Spiel auf einfache Weise zusammentragen. Trainern, Spielern, Fans und anderen Beteiligten wird es ermöglicht,mit Sportinhalten zu interagieren.

 

 

 

KeeCoach: eine App für Trainer

logo-page-headerWährend der Aufnahme des Spiels und der automatischen Markierung  der Spielszenen kann der Trainer zusätzlich über sein mobiles Gerät bestimmte Spielmomente zur persönlichen Wiedervorlage kennzeichnen. Im Anschluss- auch sehr spontan während der Spielpause- können diese markierten Spielszenen für  Rücksprachen mit dem Team genutzt werden. So können z.B. über die Markierungsleiste individuelle Videos für jeden Spieler zusammengeschnitten werden, anhand derer Trainer in Einzelcoachings mit ihren Spielern Stärken und Schwächen durchgehen können.

 

Qualitative Sportübertragungen bald auch jenseits des Fernsehns

Die Aufnahme einer Sportveranstaltung kostet allgemein ungefähr €15.000. Mit Keemotion ist dies schon für €2.900 möglich. „Wir sehen darin einen klaren Wettbewerbvorteil!“, so Keemotion, die jedoch nicht mit großen Fernseh-Produzenten konkurrieren möchten, wie z.B. dem belgischen Unternehmen „EVS Broadcast Equipment“.

Deren Marktpositionierung konzentriert sich vielmehr auf kleinere Sportveranstaltungen mit geringerer Reichweite.
Gerade aufgrund der hohen Kosten einer Filmproduktion sind Sportübertragungen bisher fast ausschließlich im Fernsehen zu sehen. Dies könnte sich vielleicht bald ändern…

 

Keemotion und die Sportberichterstattung: lokaler, schneller und diversifizierter

Die Berichterstattung von Spielen im kleineren Rahmen könnte mit der Keemotion-Übertragung  zunehmen und an Gewicht gewinnen. Die visuelle Sportberichterstattung, die vor allem im Fernsehen zu finden ist, weist eine eingeschränkte Vielfalt auf und konzentriert sich stark auf den Spitzensport. Die Einseitigkeit der Berichterstattung ist ein Kennzeichen für die Kommerzialisierung des Sports und hängt zum einen mit der Publikumswirksamkeit einer bestimmten Disziplin zusammen. Fußball und Formel 1 weisen eine höhere Dramaturgie auf und  verkaufen sich nun mal besser als Rudern oder Eishockey. Versuche von Randsportvereinen, die Medientauglichkeit zu verbessern, gehen dahin, dass man z.B. erwägt das Eis beim Eishockey blau zu färben, um die Puk-Sichtbarkeit zu erhöhen.
Die Medien sehen das Problem vielmehr in der fehlenden Medienkompabilität von Randsportverbänden. Die bisher mangelnde, mediengerechte Inszenierung des Sports könnte mit der kostengünstigeren Produktion von Sportaufnahmen mit Keemotion überwunden  werden. Eine diversifiziertere Sportlandschaft mit mehr lokalem Bezug würde in der Sportberichterstattung Einzug finden können. Die hohe Qualität der automatisch produzierten Sportvideos würde die Ausbreitung der Berichterstattung jenseits des Fernsehens in Richtung Internet noch weiter bestärken.  Auch die Arbeit der Sportjournalisten würde sich verändern: mit der Verwendung der automatisch markierten Spielsequenzen könnte die Berichterstattung viel effizienter, schneller und individualisierter erfolgen.

Automatische Sportübertragung auch bald in Deutschland

Ascherleben tigers

Regionale Sportverbände könnten mit der kostengünstigen Produktionstechnologie ihre Medienkompabilität verbessern und eomit die Chance erhöhen, im Netz der Berichterstattung eingefangen zu werden.

Bisher ist Keemotion vor allem in den USA, aber auch in Belgien und Holland und bisher nur im Bereich Basketball vertreten. Vor ein paar Wochen  verkündete das Unternehmen auf Twitter den Einzug auch in Deutschland… Vielleicht können wir ja schon bald auf hochwertige Videos von bisher unbekannteren Vereinen wie zum Beispiel den BG Aschersleben Tigers zurückgreifen…

 

 

 

4 KOMMENTARE , GEBE EINEN KOMMENTAR AB

  1. Ein sehr guter Artikel – auch wenn er am Ende ziemlich lang geraten ist 😉

    Was jetzt aber noch fehlen würde, ist wenn man Blogs verlinkt, die auch zum Thema KeeMotion etwas geschrieben haben und diese zitiert, gerade durch Links Aufmerksamkeit auf den Artikel zu ziehen. Der einzige LInk in dem Artikel ist der zur App selber, aber was auch gut gewesen wäre, wenn Du zum Beispiel zu den Videos vom Harvard-Basketball-Team verlinkt hättest.

    Und noch eine Frage: das Dossier hatte ja das Ziel, dass ihr Euch äußert zu der Frage, ob Fernsehsender noch Medieninnovationen hervorbringen können. Indirekt beantwortest Du das ja, aber vielleicht hätte man das expliziter machen können: „Fernsehsender können keine Formatinnovationen im Sport mehr hervorbringen, weil die Zuschauer in Zukunft das Spiel selber filmen und veröffentlichen können – das Beispiel KeeMotion zeigt das“… oder so ähnlich.

    Aber danke für die sehr gute und intensive Recherche von Deinem Artikel!

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