Wie kann man die gemeinsame Organisation der Kindererziehung nach der Trennung erleichtern? Das belgische Verwaltungspool 2houses bietet Hilfe für geschiedene Eltern.
In Sachen Scheidungen ist Belgien Europameister. Beinahe jede 3. Ehe geht in die Brüche- das sind etwa 30.000 Scheidungen pro Jahr. Die größten Leidtragenden sind bekanntlich die Kinder. Die Plattform 2houses versucht, den Alltag geschiedener Familien besser zu organisieren. In einem charmanten Promo-Video wird das Konzept vorgestellt.
Der Ansatz ist pragmatisch: die Scheidung mit gemeinsamenen Kindern ist schwierig- ABER sie ist kein Einzelschicksal. Und: die Kindererziehung kann man trotz Scheidung gemeinsam meistern.
Die Idee
Der Belgier Gill Ruidant, Gründer von 2houses, ist
selbst geschieden und weiss aus eigener Erfahrung, dass sich direkte Gespräche oder Telefonate mit dem/der Ex häufig als schwierig erweisen. Oft wird die Erziehung des gemeinsamen Kindes von emotionalen Konflikten der Eltern überschattet.
Der Mittdreißiger suchte nach der Trennung von seiner Frau nach einem geeigneten Kommunikationstool, um mit seiner Ex-Frau die Erziehung des gemeinsamen Sohnes bestmöglich zu verwalten. Viele Angebote, wie z.B. Google Agenda, waren nur unzureichend auf die Bedürfnisse der Kindererziehung zugeschnitten.
Im Oktober 2011 wurde 2houses.com- zunächst als Beta-Version- veröffentlicht. Seither zählt das Portal bereits über 5400 Mitglieder, überwiegend aus Frankreich und Belgien. Der Erfolg bestätigt zum einen den Bedarf an alternativen, neutralen Kommunikationsmöglichkeiten zwischen geschiedenen Paaren. Zum anderen mag die Popularität am Angebot von 2houses liegen: dieses ist auf die Bedürfnisse passend zugeschnitten und weist eine gute Benutzerfreundlichkeit auf.
Wie funktioniert 2houses?
2houses ist verfügbar in 4 Sprachen (Französisch, Englisch, Holländisch & Spanisch) und ab Januar´13 kommen drei weiteren Sprachen hinzu. Man kann sich kostenlos registrieren und die ersten 2 Monate gratis testen. Nach der Probezeit kann man 2houses abonnieren, je nach Paket zwischen €8,- bis €20/ im Monat. Hier sind die wichtigsten Funktionen des Pools:
Interaktiver Kalender:
Hier können beide Elternteile Daten in das Tool einfügen, wie z.B. Art der Aufsicht/ geplante Tätigkeit mit dem Kind, Tage der Beaufsichtigung, Ferien etc.. Diese Daten werden automatisch in den Kalender eingefügt und sind für beide Eltern im Kalender einzusehen. Der Kalender lässt sich praktischerweise mit computerbasierten Tools (Google Agenda, Outlook etc.) oder mit mobilen Geräten (Android, Iphone etc.) synchronisieren. Zusätzlich können über das System Änderungsanfragen geschickt werden, die per SMS oder Email an das andere Elternteil in standadisierter Form versandt werden. Darauf kann direkt reagiert werden: „Akzeptieren“ , „Alternativvorschlag“ etc.. Zusätzlich können auch Dritte (Kinder, Großeltern etc.) einen Einblick in den Kalender gewährt bekommen.
Kostenprotokoll:Dieses ermöglicht den Überblick über gemeinsame Ausgaben der Eltern und integriert unterschiedliche Regeln für verschiedene Arten von Ausgaben (50/50, 25/75, etc.). Die Zahlungbilanz kann von beiden Eltern eingesehen werden und es können Zahlungserinnerungen versandt werden.
Tagebuch:hier können getrennte Eltern Notizen für das andere Elternteil hinterlassen, wie z.B. „kurzes Feedback vom Elternabend“, „wichtige Hausaufgaben“, „Kind ist vergangene Nacht krank gewesen- im Auge behalten“.
Info-Bank: unter dieser Rubrik können Eltern alle wichtigen, mit den Kindern verbundenen, Informationen hinterlegen wie z.B. Adressbuch, finanzielle Informationen, medizinische Informationen, Impfungen, allgemeine Informationen wie Schuhgröße oder Essens-Vorlieben.
Die Zukunft von 2houses
Auf der belgischen Crowdfunding-Plattform für StartUps www.MyMicroinvest.com wirbt 2houses.com um Investoren. Dabei hat das junge Unternehmen eine sehr positive Resonanz erhalten und ein Investitions-BackUp von beinahe €600.000 zugesprochen bekommen- 5 Mal mehr als der erwartete, minimale Wert.
Das Unternehmen möchte wachsen- mehr Mitglieder in mehr Sprachen in mehr Ländern.
Bei 2houses handelt es sich um keinen Pionier- die meisten Konkurrenten kommen aus den USA. So bieten Plattformen wie Our Wizard Family, Sharekids oder die französische Seite MyFamiLink ähnlichen Service.
Das mehrsprachige Angebot von 2houses scheint einmalig zu sein und beim Preis-Leistungs-Verhältnis kann die Plattform gut vorne mithalten. Das Design ist schlicht und die Organisation sehr übersichtlich. Ich könnte mir vorstellen, dass das Angebot auch in Deutschland viel Zuspruch gewinnen könnte.
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Ich finde diese Idee zwar wirklich gut und ich glaube, dass sie vielen Eltern in Trennung die Organisation leichter macht, aber wo bleibt dann noch die verbale Kommunikation? Das Leben eines Kindes kann man trotz allem nicht in eine Computer-Organisations-Plattform pressen. Trotz großer Differenzen muss es doch möglich sein, sich verbal auszutauschen. Ich denke dieses Tool ist für gewisse organisatorische Zwecke nützlich, sollte aber auf keinen Fall die ganze Kommunikation sein. Man ruht sich darauf aus und probiert erst gar nicht, auch nicht zum Wohle des Kindes, sich wenigstens ohne Streit unterhalten zu können.
Ich finde die Idee gut! Gerade in der ersten Zeit nach der Trennung ist die Kommunikation untereinander schwierig. Die Plattform hilft die Kommunikation wieder aufzunehmen. Man verliert sich auch in den schwersten Phasen nicht ganz aus den Augen, was eine gute Basis ist um später wieder normal miteinander umgehen zu können.
Ich denke nicht, dass diese Plattform ein direktes Gespräch ersetzen kann! Aber oft ist die Kommunikation zwischen frisch Geschiedenen nicht möglich und genau in diesen Fällen kommt dieses Tool sehr gut zu Einsatz… Können die Eltern nicht miteinander, endet das häufig damit, dass sich ein Elternteil zurückzieht. Hiermit würde man wenigstens eine Alternative haben, die Erziehung trotzdem weiter zusammen zu handlen.
Wie abgefahren! Das Internet in allen Lebenslagen…
Vielen Dank für diesen gut recherchierten und anschaulichen Artikel!
Danke Tanja! Ich habe von der Idee auf einer StartUp-Konferenz hier in Brüssel erfahren (http://www.betagroup.be/), wo 2houses sich selbst vorgestellt hat. Und ich war erst mal schockiert, wie weit man inzwischen via Internet geht und mit was für einer Rationalität und Natürlichkeit ein weit verbreitetes, aber dennoch sehr schweres und intimes Lebensschicksal behandelt wird. Inzwischen finde ich es praktisch! Und hoffe dennoch, dass ich irgendwann nicht darauf angewiesen sein muss… 😉
Gerade habe ich ein ähnliches Portal für Deutschland“ entdeckt! https://www.umgangskalender.de/
Interessant! Im Vergleich zum Konzept von 2houses á la „Shit happens- mach das Beste draus“, ist das Auftreten von „Umgangskalender. Kinder Klarheit.Kommunikation“ sehr viel ernsthafter, vielleicht deutscher? 😉 Danke für den Hinweis!