Hyperlokale Blogs haben es oft schwer genug, Leser für ihr Angebot zu finden. Was passiert also, wenn man die potentielle Leserschaft noch weiter einschränkt? Coucou ist hyperlokal und hat nur ein Thema: Die Kultur. Kann das funktionieren?
Winterthur ist zwar die sechstgrößte Stadt der Schweiz, hat aber trotzdem nur knapp über 100.000 Einwohner. Außerdem hat „Winti“ natürlich auch eine Lokalzeitung. Trotzdem gründete sich 2010 der Verein „Kulturmagazin für Winterthur“, der einen Blog und seit einem Jahr zusätzlich ein monatliches Printmagazin betreibt. Das Thema natürlich: Kultur in Winterthur – Eine doppelte Fokussierung, die hyperlokale und „special-interest“ Inhalte verbindet.
Das Magazin glänzt mit Essays, Kritiken und Freiräumen für junge Winterthurer Künstler. Online wie im Print ist das Herzstück aber der Veranstaltungskalender, der die Theater, Musikclubs, Diskos und Museen auflistet. „So einen gibt es auch schon offiziell von der Stadt“, sagt Redaktionsleiterin Sandra, „aber erstens sieht den kaum ein junger Mensch und zweitens ist die gedruckte Version inzwischen eingestellt.“ Eine Lücke also, in die Coucou eindringen konnte.
Bisher hat das Magazin 600 Abonnenten und das Blog 200 Seitenbesucher pro Tag. Ein beachtlicher Erfolg. Die ortsansässige Fachhochschule hatte in einer Studie einen potentiellen Leserpool von 2000 Menschen ausgemacht, davon sind also 30% schon erreicht. Kein Hobbyunternehmen: Der Buinessplan sieht vor, in 3 Jahren finanziell unabhängig zu sein – ohne wie bisher noch Unterstützung mehrerer Kulturstiftungen in Anspruch nehmen zu müssen.
Dann sollen auch Löhne gezahlt werden: Bisher arbeitet das Team um Sandra Biberstein ehrenamtlich. Die 5 festen Mitglieder der Redaktion haben allesamt Erfahrung im Journalismus, als freie Mitarbeiter oder durch ihr Studium. Der Rest des Inhalts wird von anderen, ebenfalls ehrenamtlichen Mitarbeitern des Magazins, sowie Winterthurer Künstlern und Fotografen beigesteuert.
Es ist auch nie ein Problem, genug Material für das Blog und das Magazin aufzutreiben: Der Begriff „Kultur“ wird sehr weit aufgespannt, deckt auch Kulturpolitik und lokalen Sport ab. Genug potentielle Leser sind also vorhanden. Ob diese auch angesprochen werden können, wird sich erst in den nächsten Jahren zeigen. Bisher sieht es danach aus, als könnte sich die doppelte Fokussierung des Magazins auszahlen.
Hi Christian,
ein wirklich spannender Ansatz, eine solch starke Fokussierung. Dass special-interest-Produkte funktionieren, zeigen Landlust und Co. ja sehr deutlich – wenn auch auf größerer, bundesweiter Ebene.
Sehr interessant finde ich auch die Zahlen der potentiellen und schon erreichten Leserschaft. Kleiner dürfte das Gebiet aber wahrscheinlich nicht sein. Bei 50.000 oder gar 15.000 Einwohnern würde eine derartige inhaltliche Einschränkung wahrscheinlich nicht mehr funktionieren.
Beste Grüße!
Hallo Julian,
ja, da hast du vermutlich recht. 2000 Leser wären für Coucou natürlich eine tolle Zahl (und die Studie zeig ja nur ein Potential auf – ist ja nicht gesagt, dass das durch geschickte PR nicht noch mehr werden könnten). Dennoch sind 2000 von 100.000 natürlich nur 2%. In deinem Beispiel von der 15.000-Einwohner-Stadt wären das dann 300 Menschen. Zu wenig für wohl jedes Lokalblog.
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