Porto,
Trendblogger-Jahrgang 2013/2014 // Olá! Grüße aus Portugal! Zur Zeit hören wir von dort ja meistens nur Horrormeldungen im Zusammenhang mit der Euro-Krise. Was das Land sonst zu bieten hat, werde ich euch während meines Auslandssemesters in der Hafenstadt Porto berichten. Welche Medientrends entstehen in Portugal, trotz - oder vielleicht gerade wegen - der Krise? Und wie unterscheidet sich das Medienverhalten der Menschen hier von dem in Deutschland? Das will ich herausfinden - und mit euch teilen.


Wir brauchen „buzz“ – Über Listicles in Portugal

Die US-amerikanische Website Buzzfeed ist mit Boulevard-Nachrichten und lustigen Listen zum Internet-Hit geworden. Die sogenannten „Listicles“ („24 Dinge, die du nur tust, wenn du betrunken bist“) ziehen weltweit Millionen Menschen an. Doch warum gibt es noch keine portugiesisches Buzzfeed-Kopie? Und was machen die Portugiesen dann im Netz – außer Katzenvideos ansehen?

Buzzfeed gibt es jetzt auch auf Portugiesisch - allerdings speziell für den brasilianischen Markt. Reicht das den Portugiesen? Oder kommt bald eine Kopie?

Buzzfeed gibt es jetzt auch auf Portugiesisch – allerdings speziell für den brasilianischen Markt. Reicht das den Portugiesen? Oder kommt bald eine Kopie?

„Listi-que?“ – Wie in Deutschland, weiß auch hier in Portugal niemand, was „Listicles“ sind; aber jeder kennt sie. „Die bunten Websites mit den lustigen Listen, z.B. „10 Dinge, die man nur im ersten Uni-Semester macht““, erkläre ich. „Ach so, klar!“, lautet die Antwort. Diese Form der digitalen Ablenkung und Erheiterung, in sekunden-schnelle auf Facebook und Co. geteilt, hat sich in den letzten Jahren auch in Portugal wie ein Lauffeuer verbreitet. Dennoch: Eine portugiesische Kopie von Buzzfeed gibt es bisher nicht!

Die Seiten tabonito.com („Es ist hübsch“) und tafixe.com („Es ist cool“) locken mit ähnlich inhaltlosen Boulevard-Nachrichten wie Buzzfeed, allerdings allein in Form von Videos. Diese Woche ganz hoch im Kurs: FIFA-Chef Joseph Blatter erklärt, er möge Lionel Messi lieber als Christiano Ronaldo und zieht diesen anschließend auch noch ins Lächerliche. Das kratzt am Nationalstolz der Portugiesen! Trotz aller Ähnlichkeit zu Buzzfeed – auf beiden Seiten fehlt eines: Listicles!

Warum gibt es bisher keine echte Listicle-Website aus Portugal? Drei Erklärungsversuche:

1) Portugal ist ein relativ kleines Land, mit etwas mehr als zehn Millionen Einwohnern, und somit auch ein kleiner Markt. Dagegen spricht, dass in den nicht viel größeren Niederlanden (16 Millionen Einwohner) mit upcoming.nl gerade ein Buzzfeed-Klon an den Start gegangen ist, wie meine Trendblogger-Kollegin Jana Hannemann berichtet.

2) Die Portugiesen sprechen gut Englisch und nutzen einfach das orginale Buzzfeed. Diese These scheint mir eher zuzutreffen. Gerade junge Menschen – die potenziellen Besucher solcher Seiten – beherrschen die Sprache, und mein Facebook-Newsfeed zeigt ebenfalls, dass das englische Buzzfeed bei den Portugiesen populär ist.

3) Die Portugiesen nutzen Angebote aus Brasilien, wie top10mais.org und lista10.org. Dazu kommt, dass Buzzfeed vor kurzem eine brasilianische Version gestartet hat. Die nutzen die Portugiesen jetzt einfach mit.

Ich glaube trotzdem, dass sich auf Dauer eine Listicle-Webseite speziell für Portugal etablieren wird. Der Grund ist das Erfolgsrezept hinter Diensten wie Buzzfeed. Sie verdanken ihre Popularität dem „Sieh dir das mal an!“-Prinzip. Menschen teilen in sozialen Netzwerken Listen mit Dingen, die sie mit ihren Mitmenschen verbinden: Essen, Uni, Beruf, Liebe, Sex, Feiern, Freundschaft. Das funktioniert auf internationaler Ebene gut, auf nationaler oder gar regionaler aber noch viel besser. Wo wir gerade dabei sind: Mein Bundesland in Deutschland hat 12 Millionen Einwohner – also mehr als Portugal. Ich werde mich daher demnächst an die Gründung meiner eigenen Listicle-Website machen: Buzzfeed Bayern!

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Fotos: jornalistasdaweb.com.br