Strasbourg,
Trendblogger-Jahrgang 2012/2013 „Welkumma en unsrem scheena Strossburi“ heißt es für mich. Der Dialekt verrät es bereits: Aus dem Herzen Frankreichs werde ich nicht schreiben. Dafür allerdings aus dem Herzen Europas: Mit ihren vielen europäischen Institutionen bezeichnet sich Straßburg nämlich selbst als „Hauptstadt Europas“. Der Job hat mich über die Grenze verschlagen und wegen der Vielfältigkeit der kulturellen Einflüsse bin ich geblieben. Beste Voraussetzung also, um nicht nur über französische sondern auch über europaweite Medientrends zu berichten.


S´isch totàl bombisch! Mit der App „iYo“ Elsässisch sprechen

Mit seinen vielen Fachwerkhäusern erscheint das Elsass sehr idyllisch – doch die Elsässer können auch richtig fluchen: „Dü Àrschbàckegsìcht“ heißt es dann beispielweise.

Mit seinen vielen Fachwerkhäusern erscheint das Elsass sehr idyllisch – doch die Elsässer können auch richtig fluchen: „Dü Àrschbàckegsìcht“ heißt es dann beispielweise.

Dialekte sind einfach etwas Schönes, ein Gefühl von Identität und Heimat eben. Und natürlich kann man auch nur im Dialekt so richtig übel fluchen: „Gscherda Hamme, Du Greisliger“ heißt im Bayerischen etwa so viel wie „Geschorener Hammel, Du Hässlicher“. Schade nur, dass Dialekte immer mehr vom Aussterben bedroht sind. Das Amt für Sprache und Kultur im Elsass „L’Office pour la Langue et la Culture d’Alsace (OLCA)“ wollte dies nicht einfach hinnehmen und versucht mit einer ganz ungewöhnlichen Methode Jugendliche zum Elsässisch-Lernen zu motivieren: einer Sprach-App, die die richtige Aussprache per Video anzeigt.

Das Elsässiche ist auf dem Rückzug
In Frankreich ist Elsässisch als Regionalsprache anerkannt. Doch leider geht die Zahl der Elsässisch-Sprechenden immer mehr zurück. Waren es 1900 noch 95% der dortigen Bevölkerung, die Elsässisch sprachen, so ist die Zahl einer Umfrage des OLCA/EDinstitut zufolge im Jahr 2012 auf 43% geschrumpft. Das Erschreckende daran: Nur 12% der 18 bis 29-Jährigen sprechen die Sprache, bei den 3 bis 17-Jährigen liegt die Quote laut Umfrage nur noch bei 3%. Klar, dass da das Amt für Sprache und Kultur im Elsass nicht länger tatenlos zusehen wollte. Die Idee: eine kostenlose Sprach-App für vor allem Jugendliche.

Flirten, Fluchen & und Feiern
In vier Kategorien können die Jugendlichen alle „wichtigen“ Dinge des täglichen Lebens auf Elsässisch lernen: Flirten, Feiern, Fluchen und Jugendsprache. Im Angebot der App sind Sätze wie etwa:

„S´isch totàl bombisch“ - ganz einfach Elsässisch sprechen mit der App "iYo"

„S´isch totàl bombisch“ – ganz einfach Elsässisch sprechen mit der App „iYo“

„Dü bisch min Schmüskatzele“ – „Du bist mein Schmusekätzchen“ (Kategorie: Flirten)
„Dü Àrschbàckegsìcht“ – „Du Arschbackengesicht“ (Kategorie: Fluchen)
„S´isch totàl bombisch“ – „Das ist total bombig“ (Kategorie: Jugendsprache)
„Dü süffsch wie e Loch“ – „Du säufst wie ein Loch“ (Kategorie: Feiern)

Die App „iYo“ hat eine Größe von gut 41MB – nicht so klein wie beispielsweise ein Wecker mit 5MB, aber auch eben kein Spiel. Allerdings ist dies nur die Grundversion. Möchte man sich weitere Sprachmodule herunterladen, ist Einiges an Speicherplatz von Nöten. Das ist dann auch der große Nachteil der App. Der Hintergrund: Der Nutzer kann bei jedem Satz zwischen vier Typen wählen (Kind, Frau mit Migrationshintergrund, Jugendliche, Bärtiger), die dann den ausgewählten Satz in einem Video, das nur ihren Mund zeigt, vorsprechen. Das benötigt eine hohe Speicherkapazität. Die Idee dahinter ist folgende: Man hält sich sein Handy vor den Mund – und spricht Elsässisch. Damit wird auch klar, warum das Amt für Sprache und Kultur bei der Ankündigung der App vorsichtig davon spricht, dass man mit der App das Elsässische entdecken bzw. wiederentdecken kann (und eben nicht davon, es zu lernen). Ansonsten wäre das Sprachenlernen tatsächlich sehr einfach: Handy vor den Mund gehalten und man spräche jede erdenkliche Sprache – sogar ohne Aussprachefehler. Trotzdem: Die App ist unglaublich unterhaltsam, ein Partygag eben – und hat damit ihr Ziel erreicht: Jugendliche an die elsässische Sprache heranzuführen.

Für diejenigen, die neugierig geworden sind: Die App gibt es kostenlos zum Download als Android-Version und im App-Store.

Bilder: (c) Karin Kutter, olivia benveniste/amopix 2001

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