Zürich,
Trendblogger-Jahrgang 2013/2014 Salüt Zämä! Ich bin Christian, 21 Jahre alt und eigentlich Student in Trier. Ab September verbringe ich ein Auslandssemster mit dem Schwerpunkt Journalismus in der Schweiz. Über meine Erfahrungen, besonders natürlich mit Medienmenschen und -innovationen, lest ihr bald hier auf dietrendblogger.de. Alle, die noch mehr über die Erkenntnisse eines Schweizer Gaststudenten erfahren wollen, finden mich auch auf Twitter: @scub4


Von deutscher Angst und schweizerischer Gelassenheit

Konrad Weber ist Journalist beim öffentlich-rechtlichen Schweizer Fernsehen (SRF) und einer der renommierten „30 unter 30“ in der Schweiz. Im Interview mit dietrendblogger.de spricht er über sichere Daten, die Privacy-Mentalität seiner Landsleute und über die Datensammelwut Facebooks.

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Konrad Weber im Einsatz für den SRF. Foto: Manuel Risi

 

Konrad, stell dich doch bitte einmal kurz vor.

Mein Name ist Konrad Weber, ich bin 24 Jahre alt und Journalist beim Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) in Zürich. Im Sommer 2013 habe ich meinen Abschluss in Journalismus und Organisationskommunikation an der ZHAW in Winterthur gemacht. Schon seit zwei Jahren bin ich beim SRF tätig, zuerst als Praktikant, inzwischen als Redakteur für den Newsbereich und für multimediale Projekte. Vor einiger Zeit habe ich außerdem zusammen mit meinem deutschen Kollegen Martin Giesler das Social Media Watchblog gegründet.

Auf diesem Blog ist Privatsphäre und Big Data ein großes Thema. Erzähl mal etwas von diesem Projekt.

Diese Themen faszinierten uns, und wir wollten einfach mehr, als bei vielen anderen Social-Media-Blogs angeboten wird. Kritische Hintergrundgeschichten und eigene Projekte statt der zehntausendsten Infografik. Wir stießen damit auch auf große Resonanz, am Anfang wurden wir von Anfragen überrollt. Das Interesse an uns nahm dann etwas ab, bis jetzt zum NSA-Skandal.

Leider ist die Arbeit an diesem Blog gerade jetzt etwas eingeschlafen, da es nur ein Freizeitprojekt von Martin und mir ist und wir beide tagsüber ja auch noch einer vollberuflichen Arbeit nachgehen. Deshalb sind viele Projekte auch noch im Konzeptstadium, zum Beispiel ein Privacy-Check, in dem wir die Sicherheitseinstellungen für alle großen Sozialen Netzwerke zusammenfassen wollten. Ich hoffe aber, dass wir das und anderes bald verwirklichen können.

Lass uns mal über verschiedene Mentalitäten im Datenschutz reden. Oft hört man ja von der „German Angst“ – die Deutschen sind angeblich ganz besonders misstrauisch, wenn es um Medieninnovationen geht, die ihre Privatsphäre betreffen. Der Streit um Google Street View ist da ein Beispiel. Gibt es auch eine „Swiss Angst“?

So etwas ist hier eindeutig weniger verbreitet, man könnte sogar fast sagen, dass man hier eher das andere Extrem findet. Es wurden zum Beispiel fast keine Häuser in Street View verpixelt, und selbst die NSA ist kaum ein Thema in den Medien hierzulande. Es gibt keinen Aufschrei, kaum Kritik – ähnlich wie auch beim neuen Fingerabdruck-Scanner im IPhone. Alle bejubeln es, die Datenschutzkritik wird dann höchstens in ein paar Zeilen abgehandelt.

Die Piratenpartei ist sehr klein und hängt an vielleicht 5 oder 6 bekannten Köpfen, auch ein Chaos Computer Club ist kaum vorhanden. Es gibt auch nur einen einzigen nationalen Datenschutzbeauftragten. Es wurden allerdings auch noch keine Verbindungen zwischen der NSA und dem Schweizer Nachrichtendienst NDB nachgewiesen, vielleicht ist es deshalb noch etwas ruhig. (Anmerkung des Autors: In den Tagen nach diesem Interview ist die Kontroverse um eine mögliche Zusammenarbeit des nationalen Geheimdienstes mit der NSA aber auch in der Schweiz angekommen.)

Trotzdem gilt die Schweiz in Datenschutzdingen als sehr zuverlässig – siehe Firmen wie Mykolab. Wie kommts?

Ich glaube, das hat weniger mit Datenschutz und mehr mit der politischen Situation und dem Bild der Schweiz im Ausland zu tun. Die Leute wissen, dass unsere Internetinfrastruktur sehr stabil ist, mit längeren Stromausfällen ist nicht zu rechnen und auch radikale politische Veränderungen sind sehr unwahrscheinlich. Außerdem gibt es eben dieses Klischee von der sicheren Schweizer Bank. Das nutzen viele Firmen als PR-Strategie, Google oder auch Ebay haben einen Sitz in der Schweiz. Es gibt allerdings auch wirklich ein paar hochspezialisierte StartUps, die sich mit Internetsicherheit, zum Beispiel an der Zürcher Börse, auseinandersetzen.

Fällt dir da ein Beispiel ein?

Nicht direkt für solche Banken-StartUps, aber da wäre zum Beispiel green.ch, die bieten Server und Webspace an, und werben auch damit, in der „sicheren Schweiz“ zu sein. Ähnlich wie auch Hostpoint. Die sehen sich aber beide nicht explizit als Sicherheitsdienstleister, sondern eben als Hosting-Provider mit dem Standort Schweiz.

Ich würde gerne abschließen, in dem ich dich als Experten noch etwas Allgemeines frage. Ist Facebook wirklich der Datenteufel, oder kann man es guten Gewissens benutzen?

Facebook legt ja Schattenprofile an, es ist also fast unmöglich, sich im Internet zu bewegen und nicht bei Facebook zu sein. Wenn man selbst ein Profil betreibt, hat man wenigstens etwas Kontrolle über die Daten, die man freigibt und kann sich vor Identitätsdiebstahl schützen. Man muss sich einfach darüber im Klaren sein, das alles, was man im Internet tut, öffentlich ist. Ich als Journalist bin ja ohnehin eine öffentliche Person, aber das gilt natürlich auch für alle anderen. Man muss sein Verhalten entsprechend anpassen. Dafür braucht es eine gewisse Medienkompetenz, die vielen Schweizern und generell vielen Menschen noch fehlt.

Konrad, ich danke dir für das Gespräch.

 

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