Stockholm,
Trendblogger-Jahrgang 2013/2014 Hej! Schweden – das Land im Norden Europas weckt viele Assoziationen. Doch das skandinavische Königreich hat neben Elchen, Pippi Langstrumpf und IKEA noch viel mehr zu bieten. Als Erasmus-Studentin studiere ich für zwei Semester in der Hauptstadt Stockholm Politikwissenschaft. Stockholm ist das Epizentrum dieses vor Innovationen strotzenden Landes. Hier schlägt nicht nur das politische und kulturelle Herz Schwedens – auch die neuesten Medieninnovationen nehmen von hier aus ihren Weg in die Welt. Kein Wunder: In Stockholm herrscht eine sehr hohe Dichte an jungen Start-Ups und Internetunternehmen. Als Trendbloggerin werde ich in den nächsten 10 Monaten die neuesten Medientrends aufspüren und sie mit euch teilen. Ich freue mich sehr über all eure Reaktionen, Meinungen, Kommentare, Fragen und Anregungen!


Medieninnovationen gibt es in Stockholm an jeder Ecke

Einer der Gesichter der blühenden Start-Up Szene in Stockholm: Patrik Kloz

Eines der Gesichter der blühenden Start-Up Szene in Stockholm: Patrik Kloz

In Stockholm, DEM Mekka für medienaffine junge Kosmopoliten, liegt die Innovation förmlich auf der Straße. Ich bin erst vor ein paar Stunden in der schwedischen Hauptstadt gelandet, da finde ich sie punktgenau wie eine Online-Suchmaschine. Oder sie findet mich.

Nach einem ausgiebigen Spaziergang durch die Altstadt esse ich in einem kleinen Restaurant draußen in der Fußgängerzone zu Abend. Am Nebentisch sitzen zwei junge Schwedinnen: Sie haben ihre iPhones vor sich auf dem Tisch liegen und schlürfen, chic gestylt wie sie sind, ihren Kaffee. Ich esse meine Pasta und denke mir nichts weiter. Ein paar Minuten später höre ich hinter mir einen jungen Mann, der sagt

„hey, we just created this new app and would like to know if you want to test it“.

Bingo! Ein Lächeln huscht mir über das Gesicht.

Ich drehe mich zur Seite und sehe den jungen Mann, der vor den beiden Frauen auf einem Stuhl sitzt und strahlend ein MacBook in der Hand hält. Die jungen Schwedinnen scheinen gelockt und hören ihm gebannt zu.

Die Idee: Ein virtueller Kleiderschrank, der sich die heißbegehrten Objekte merkt

Mit Begeisterung erklärt der junge Mann mit dem Namen Patrik Kloz seine neueste Kreation: Eine Shopping-App für Kleidung. Sie zeigt dem User einen virtuellen Kleiderschrank und ermöglicht es ihm – ganz bequem – begehrte Produkte zu markieren und sie personalisiert im Kleiderschrank zu speichern.

„The Dreamcloset“

soll das Ganze heißen. Und es soll das Online-Shopping revolutionieren. 

Eine Revolution des Online-Shopping?

Der User richtet sich zu allererst einen virtuellen Kleiderschrank ein. Dafür steht eine Reihe von Modellen zur Verfügung, wie beispielsweise ein begehbarer Kleiderschrank. Wem das zu langweilig ist, der kann ein Foto von seinem eigenen Zimmer oder seinem eigenen Kleiderschrank hochladen. So wird das Online-Shopping zum persönlichen Erlebnis.

Trifft der User beim Surfen auf ein Produkt, das ihm besonders gefällt, so kann er dies sofort festhalten. Der virtuelle Kleiderschrank öffnet sich mit nur einem Klick und das Objekt der Begierde kann in eines der Regale gezogen werden.

Im Laufe der Zeit sammeln sich viele begehrte Kleidungsstücke im „Dreamcloset“ – und bleiben jederzeit verfügbar. Mit nur einem Klick kann der User die Website mit dem Produkt öffnen und bestellen. Oder er kann seine zukünftigen Schätze gemeinsam betrachten: Passt die Handtasche farblich zu den Schuhen? Welche Kette könnte mit dem markierten Kleid gut aussehen? Ein virtueller Kleidungsschrank, der die Fundstücke des Online-Window-Shoppings anzeigt.

Junge Web- Designer, App- Entwickler und Medientrendsetter lauern an jeder Ecke

Meine vermeintlich zufällige Begegnung mit den Entwicklern des „Dreamcloset“ ist kein Zufall: Patrik Kloz und sein Team sind ein sehr gutes Beispiel für diese Garde kreativer Medienmenschen in Stockholm. Gerade erst vergangene Woche hat ein neuer Space für junge Start-Ups in Stockholm seine Pforten eröffnet:

das „SUP46 – Start-Up People of Sweden“.

Screenshot SUP46 Facebook

„SUP46“ – der neueste Space für die Start-Up Community in Stockholm

Dort treffen sich junge medienaffine Menschen mit Ideen, um ihre Projekte konkret in die Tat umzusetzen und sich gegenseitig zu unterstützen. So haben es auch Patrik und seine Kollegen Sheraz Sharif und Kaviraj Murgesan gemacht. Für genau 48 Stunden haben sie den Raum und das Equipment zur Verfügung gestellt bekommen und in einem Hackathon die App in nur zwei Tagen entwickelt.

„Sheraz und Kaviraj haben diese App in 48 Stunden entwickelt, fast ohne Schlaf“, erklärt Patrick, der den beiden hilft, die App zu promoten und weibliche Testpersonen sucht.

„Lean prototyping“ – frisch kreierte Produkte werden draußen auf der Straße gestestet

Lean Prototyping

Eine gern benutzte Methode der jungen Web-Designer und Entwickler: Das „Lean Prototyping“

Was Patrik und seine „tech enthusiats“, wie sie sich selbst nennen, an diesem Sonntag Abend in den Straßen von Stockholm machen, hat einen Namen. Denn neu entwickelte Apps müssen an die potentiellen User gebracht werden. Es steckt eine Strategie dahinter. „Lean prototyping“ oder auch „fast prototyping“ nennt sich diese Methode. Dabei wir ein ganz frisch entwickeltes Produkt, wie beispielsweise eine App, sofort draußen auf der Straße an potentiellen Usern getestet. So können die Entwickler_innen sofort feststellen, ob ihre Ideen ankommen und Interesse erweckt. Je schneller das Produkt promotet werden kann, umso schneller erhält es Feedback. Auf Grundlage dieser Rückmeldung können die Entwickler wiederum ihr Produkt verändern und weiterentwickeln.

Im Fall der „Dreamcloset“- Apps, die noch in den Kinderschuhen steckt, fragen Patrik und sein Team Passantinnen zwischen 16 und 25, ob sie diese den App testen möchten. Bei Interesse, bekommen die Damen den Prototypen der App per Email zugeschickt und testen ihn für ein paar Tage. Danach füllen sie einen Fragebogen aus und senden ihn zurück an Patrik. Anhand der Ergebnisse wird die App anschließend weiterentwickelt.

Ein gutes Beispiel für die Start-Up-Szene in Stockholm

Und so funktioniert die rasant wachsende und sich wandelnde Start-Up Szene in Stockholm: Sie lebt mit den Menschen und all ihren Bedürfnissen. Die hippe und trendhungrige Stockholmer Jugend ist ein ideales Publikum – sie greifen mit großem Interesse die neusten Ideen der kreativen Medienköpfe auf. Und diese lesen den Usern der schwedischen Hauptstadt die Wünsche von den Augen ab. Ist der Prototyp erstmal entworfen, wird er sofort weiterentwickelt und den Bedürfnissen der User angepasst. Immer mit einem Ziel: Das Leben noch einfacher und bequemer zu machen. Und dank der freshesten Ideen – ganz nebenbei – sehr cool auszusehen.

Fotos: Patrik Kloz, fotografiert von Isabel Lerch in der Stockholmer Innenstadt// Facebook Screenshot von „SUP46″// Schaubild aus dem Smashing Magazine, Artikel: „Design Better And Faster With Rapid Prototyping“ von Lyndon Cerejo, erschienen im Juni 2012

5 KOMMENTARE , GEBE EINEN KOMMENTAR AB

  1. Prima, sehr spannender Artikel. Kannst Du mal gucken, ob Du irgendwo im Text ein More-Tag setzen kannst? Dann bricht der Text auf der Startseite um und es entsteht ein Feld „read more“.

    Hast du den Artikel schon getwittert und auf Facebook gepostet? Braeuchte etwas Hilfe beim Raussuchen der Twitternamen der im Text erwähnten Personen und Startups.

  2. Ach so, und noch eine Frage: was denkst Du ist das „Neue“ an dem Artikel – eher die App, das Lean Prototyping oder eher die Tatsache, dass in Stockholm Medieninnovationen quasi auf der Straße entwickelt werden?

    Ich finde einfach, der Artikel ist fast zu lang, er hätte auch in drei Artikel aufgespalten werden können – ein kurzer Artikel über Dreamcloset, ein kurzer Artikel über Lean Prototyping, wo man aus dem ersten Artikel zitiert und ein Artikel über die Start-Up-Kultur in Schweden.

  3. Danke fuer das Kompliment. Das Neue? Wahrscheinlich am ehesten die App, die ist wirklich brandneu.
    Ich verstehe deine Kritik und habe auch lange hin und her ueberlegt, in welches Format ich die Informationen und Eindruecke giesse. Schliesslich habe cih mich fuer einen längeren Artikel entschieden. Aber das ist Teil der journalistischen Lernprozess dieses Projekts nehme ich an.
    Ich wollte nicht drei Artikel auf einmal posten und die Themen staffeln und mit den Posts warten erschien mir zu undynamisch.

    • Grundsätzlich ist es natürlich Dir überlassen, wie lange ein Artikel sein kann – das ist Teil Deiner Bloggerfreiheit.

      Meine Erfahrung ist nur, dass lange Artikel in der Regel viel weniger Reaktion erzeugen, weil die Leser schon irgendwo in der Mitte aussteigen und dann nicht mehr unten auf die Like- oder Share-Buttons drücken und auch nicht diskutieren.

      Aus meiner Sicht gibt es drei Thesen, die mehr oder weniger nebeneinander im Artikel stehen:

      1) In Schweden findet man innovative Startups auf der Straße, zum Beispiel im Café. Das liegt an einer bestimmten Mentalität in Schweden.

      2) In Schweden gibt es zunehmend Startups, die mittels „Lean Prototyping“ gegründet werden.

      3) Dreamcloses ist eine spannende App, die virtuelles Shoppen ermöglicht.

      Wenn man den Aufbau Deines Artikels sich anguckt, dann steigst Du ein mit der ersten These, bringst dann die dritte These, dann gehst Du zurück zur zweiten These und endest dann mit der ersten These.

      Das kann man so machen, wenn die erste These die wichtigste ist, dann sind die beiden anderen Punkte ergänzend und unterstützend. Ich finde den Artikel auch sehr spannend und lesenswert, aber mir wäre es nicht gelungen, zu sagen, der Artikel hat jetzt diese oder jene Kernargumentation.

      Deswegen würde ich das glaube ich eher splitten zum Beispiel als kleine Artikelserie oder so. Aber wie gesagt, das ist schon eigentlich Geschmackssache. Vielleicht magst Du mal die anderen Trendblogger fragen, wie sie das sehen?

      • Hey Karsten,

        danke für dein Kompliment. Bzgl. der Länge des Artikels hätte ich nochmal eine grundsätzliche Frage zur Ausrichtung des Blogs: Liegt der Schwerpunkt eher auf kurzen Beiträge mit einem ganz klaren Schwerpunkt, der dann aber sehr knapp ausfällt mitunter, oder sind längere Artikel grundsätzlich auch ok, wie jetzt meiner, der mehrere Themen anreißt? Mir ist es persönlich wichtiger, einen inhaltlich gehaltvollen Text hochzuladen und nicht etwas Hals über Kopf reinzustellen, das vielleicht ganz neu, kurz und knackig ist, aber dafür stilistisch vielleicht nicht so ansprechend ist. Ich weiß nicht, ob es mir gelingt, mein Anliegen präzise zu formulieren. Aber weisst du in etwa, was ich meine? Wenn es euch nämlich wichtiger ist, dass die Artikel eher kuerzer sind und es dafuer mehr Bilder, Graphiken oder sonstige visuelle Reize gibt, dann stelle ich mich darauf ein und kreiere meine nächsten Beiträge dementsprechend.

        Frage an all euch Trendblogger_innen: Wie seht ihr die Sache? Ich fände es sehr schön, wenn wir eine offene und konstruktive Diskussion darüber führen könnten! :-)